Trotz aller Bemühungen gehört das Scheitern dazu, wenn wir versuchen, unser Leben möglichst nachhaltig zu gestalten. Sich dadurch aber entmutigen zu lassen, wäre der gänzlich falsche Weg. Davon ist Cornelia Diesenreiter, Autorin des gerade erschienenen Buches mit dem provokanten Titel „Nachhaltig gibt’s nicht“, überzeugt. Wir können es uns ganz einfach nicht mehr „leisten“, nicht nachhaltig zu leben!

Von ihrer Oma, die auf dem Bauernhof ganz „natürlich“ nachhaltig gewirtschaftet hat und ihrer Mutter, der „Gartenrebellin“, die schon sehr früh einen naturnahen Garten angelegt hat, beeinflusst, versuchte Diesenreiter in verschiedenen Studienrichtungen, möglichst viele Informationen über ein nachhaltiges Leben und wie man dieses am besten umsetzen könnte, zu sammeln.

Aber bis heute „kämpft“ sie um wirkliche, 100% Nachhaltigkeit in ihrem Leben. Die manchmal eben nicht einfach ist. Weil man immer wieder abwägen muss: Verwende ich besser regionalen biologischen Rübenzucker oder doch lieber fair gehandelten Zucker aus Südamerika? Was ist wichtiger, die Umwelt zu unterstützen oder faire Arbeitsverhältnisse im Globalen Süden? „Man nennt das Zielkonflikt“, so die Autorin.

Manchmal macht man Dinge auch gutgemeint, hat aber die Konsequenzen nicht genau bedacht, Beispiel Palmöl: Weil dieses – zu Recht – als Grund für die Rodung von Regenwaldflächen „verteufelt“ wurde, wird nun zunehmend auf andere Öle umgesattelt, wie zum Beispiel Kokosöl. Welches aber viel weniger Ertrag auf gleicher Anbaufläche bringt und somit langfristig zu wesentlich schlimmeren Auswirkungen auf die Umwelt führt. So werde das Problem nicht gelöst, „sondern verlagert und verschlimmert und es kommt zum sogenannten burden-shifting, also der Lastenverschiebung.“

Für viele sei allein schon das Wort „Nachhaltigkeit“ ein absolutes Reizwort ebenso wie die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg, der zum Teil eine unglaubliche Welle an Hass und Verachtung entgegenschlug. Warum? „Wo sich doch (weitestgehend) alle einig sind, dass es ein wichtiges Ziel ist, Leid und Schaden an Menschen, Tieren und der Umwelt zu verhindern“, so Diesenreiter. Diesem Paradox geht die Autorin auf die Spur.

Auch das Thema Fleischkonsum ist sicher ein sehr angespanntes. So schreibt Diesenreiter, dass laut einer Studie vegan und vegetarisch lebende Menschen oft als arrogant empfunden werden und tatsächlich bestätigt eine weitere Studie, dass diese sich FleischesserInnen oftmals moralisch überlegen fühlen und dieses Letzteren auch spüren lassen. Diesenreiter, die selbst Vegetarierin ist: „Meiner Meinung nach ist ihnen nicht bewusst, dass sie so sicherlich niemanden zur pflanzlichen Ernährung bewegen, sondern vielmehr eine negative Dynamik und Ablehnung verstärken.“ Sie schreibt aber auch von „moralischer Schizophrenie“, weil wir einerseits Tiere sehr mögen, sie andererseits dann aber essen.

Es heißt einfach: dranbleiben, sich nicht entmutigen lassen, sich weiterhin gut informieren, mit gutem Beispiel vorangehen, aber nicht als Moralapostel und „Gutmensch“ auftreten.

Fazit: Ein nachhaltiges Leben ist nicht nur möglich, sondern unerlässlich. Wenn wir jeder auf unsere Weise ein bisschen dazu beitragen, dann ist schon sehr, sehr viel geschafft. Ohne Perfektionsanspruch („Better done than perfect“)!

Diesenreiter schafft es in ihrem Buch sehr anschaulich und ohne erhobenen Zeigefinger, uns dies klarzumachen: „Nachhaltigkeit ist eine Notwendigkeit und Ausdruck einer Wertschätzung des Lebens.“

Cornelia Diesenreiter (33) ist in Steyr, Oberösterreich, geboren und hat mit ihrem Bruder das Unternehmen „Unverschwendet“ gegründet. Sie „rettet“ Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden und verarbeitet sie zu neuen Produkten. Sie hat eine Ausbildung als Köchin und hat Recht und Wirtschaft, Umwelt- und Bioressourcenmanagement sowie Design und Innovation für Sustainability studiert.

Buchtipp: Diesenreiter, C.: Nachhaltig gibt’s nicht. Verlag Molden, Wien-Graz, 2021.

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Daniela Christl