Zwei Frauen, die sich in ihrer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit Hilfe einer Samenspende ihren Kinderwunsch erfüllt haben, erzählen im Grünschnabel-Interview über ihr Familienleben.   

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Petra* und Amanda* ziehen gemeinsam ihren vierjährigen Sohn Kai* auf. Im Interview sprechen sie über ihre Sehnsucht nach einem eigenen Kind, die Rolle des Samenspenders in ihrem Familiensystem und darüber, dass ihr Sohn stolz darauf ist, zwei Mamas zu haben.     

Stellt euch bitte kurz vor?

Wir sind 42 und 38 Jahre alt und leben seit 19 Jahren zusammen, seit 2010 sind wir verpartnert. Wir waren das erste gleichgeschlechtliche Paar, das am Linzer Rathaus „geheiratet“ hat. Davor haben wir einige Zeit gemeinsam im Ausland gearbeitet und sind dann 2006 zugunsten der Familienplanung nach Österreich zurückgekommen. 

Wie wichtig war der Kinderwunsch für euch?

Sehr wichtig. Wären wir noch länger im Ausland geblieben, wäre es uns sicher noch schwerer gefallen, wieder hier Fuß zu fassen. Für uns hatte ein eigenes Kind einen hohen Stellenwert. Zuerst war es ein Wunsch, dann eine Sehnsucht.

Wie habt ihr euch euren Traum vom Kind verwirklicht?

Für uns war klar, dass wir für den „missing link“, also die Samenspende, gerne jemanden hätten, den wir kennen und der zu uns passt. Durch Gespräche mit potenziellen Spendern ist uns klar geworden, dass wir jemanden beteiligen möchten, der eine gewisse Rolle spielt, aber nicht die Vaterrolle. Es ergab sich schließlich, dass ein guter Bekannter von uns seinen Samen zur Verfügung stellte. Wir haben den Vater aber nicht in der Geburtsurkunde angegeben, Kai ist unser Sohn. Und das ist auch in Ordnung für den Samenspender. Er lebt in einer homosexuellen Beziehung und möchte selbst keine Kinder aufziehen.

Wie wurde entschieden, wer das Kind von euch austrägt?

Petra wollte unbedingt. Wir haben aber beide eine gleich starke Bindung zu unserem Sohn und er zu uns. Er weiß zwar, dass er in Petras Bauch war, aber er hat zu uns beiden den gleich engen Bezug.   

Euer Sohn Kai ist inzwischen vier Jahre alt, hat er zwei Mamas?    

Eigentlich hat er eine Mama und eine Mami. Das schafft oft Verwirrung. Zum Beispiel  auf dem Spielplatz, wenn er gefragt wird: „Na, bist du mit deiner Mama da?“ und er darauf antwortet, „Nein, ich bin mit Mami hier, Mama ist zu Hause.“

Wie ist die rechtliche Komponente der Zeugung eures Sohnes?

Die Zeugung ist damals, 2009, noch in einem rechtlichen Graubereich passiert. Wir konnten die Wahrheit nicht laut sagen. Das mit der Stiefkind-Adoption (Amanda hat Kai adoptiert, Anmerkung der Red.) war auch belastend für uns, da die Richterin durch ihre Vorbehalte den Vorgang sehr verzögert hat. Offiziell ist der Vater von Kai unbekannt. Das ist auch wichtig wegen Zahlungsverpflichtungen, Erbrecht etc. (siehe dazu Anhang)

Gibt es Vorurteile, Probleme von außerhalb (Freunde, Kindergarten, Nachbarn, Arbeitskollegen etc.), denen ihr euch stellen müsst?

Wir haben nie verheimlicht, dass wir zusammen sind. Aber: In Berufskreisen haben wir es früher auch nicht breit getreten. Privat wie beruflich leben wir unsere lesbische Beziehung offen mit unserem Sohn, denn wir wollen nicht mit einer Lüge leben. Beim Infogespräch mit der Krabbelstuben- und Kindergartenleiterin war eine der ersten Fragen, ob es ein Problem darstelle, dass Kai zwei Mamas hat. Die Reaktionen waren durchwegs positiv. Wir können uns nicht erinnern, wann wir das letzte Mal Probleme wegen unserer Beziehung hatten. Amanda arbeitet mit Jugendlichen, da kriegt sie oft Vorurteile mit. Oft sind es diejenigen, die selbst in einer benachteiligten Situation sind, die intolerantes Verhalten an den Tag legen. Es wird zum Glück immer mehr Thema, auch in Betrieben, etwa im Zuge von Diversity Management, die sexuelle Orientierung zu thematisieren. 

Wie ist die Beziehung zu Kais biologischem Vater?

Er kommt regelmäßig vorbei, ist ein guter Freund von uns. Kai weiß jetzt auch, dass er sein Vater ist, aber er nennt ihn nicht Papa.

Gerade für Söhne sind Väter sehr wichtig, wer übernimmt die Vaterrolle für Kai?

Die Vaterrolle haben wir gestrichen – (Lachen.) Nein, das war ein Scherz. Wir haben mit gängigen Lesben-Klischees nichts am Hut. Wir haben nichts gegen Männer. In unseren Familien und unserem Freundeskreis findet Kai genügend männliche Bezugspersonen und Vorbilder. Wie schon gesagt, hat Kai auch zu seinem leiblichen Vater eine innige Beziehung. Er hat so etwas wie eine Onkel-Stellung.

Wie viele Großeltern hat Kai?

Nur vier. Unsere Eltern sind seine Großeltern.

Sorgt eure spezielle Familienkonstellation oft für Verwirrung?

Kinder fragen uns beim Abholen im Kindergarten manchmal, ob es stimmt, dass Kai zwei Mamas hat. Dann sagen wir „Ja“ und das war’s. Für uns ist das ganz klar. Kai ist stolz auf seine zwei Mamas.    

Wie habt ihr ihm das erklärt?

Mit 3 1/2 Jahren tauchte erstmals im Kindergarten die Frage nach dem Papa auf. Es gibt dazu gute Bilderbücher, in denen kindgerecht erklärt wird, wie es zu seiner Zeugung kam. Wir erzählten ihm dann von dem Mann, der uns den Samen geschenkt hat. 

Kinder grenzen sich oft ab vom Lebensentwurf ihrer Eltern. Wie würdet ihr damit umgehen, wenn aus eurem Sohn einmal, sagen wir, ein heterosexueller Macho werden würde?  

Die Krot werden wir schlucken. (Lachen.) Nein, im Ernst: Wir versuchen, Toleranz zu leben. Petra kommt aus einer sehr rollenbilder-untypischen Familie, die Rollen von Männern und Frauen waren in unseren beiden Herkunftsfamilien nicht so festgefahren – und das werden wir auch unserem Sohn gegenüber so handhaben. 

*Alle Namen von der Redaktion geändert.

 

Kinderwunsch bei lesbischen Paaren – gesetzliche Situation in Österreich

 

www.partnerschaftsgesetz.at

Maria Zamut