Der Advent ist von seiner eigentlichen Bestimmung her die Zeit der Einkehr, der Ruhe, des in-sich-Gehens, des Entlastens. Etwas klären, reinigen, aus der Welt schaffen, entsorgen… – das alles hat im Grunde den gleichen Ursprung. Ob es jetzt eine Beziehung ist, in der wir dringend etwas klären müssen, oder unser Zuhause, das vollgestopft ist mit altem, unnützem Zeug. Warum schleppen wir so viel mit, fragt sich Daniela Christl in diesem Beitrag. Warum fällt es uns eigentlich so schwer, Behinderndes, Belastendes, Nicht-mehr-Brauchbares aus der Welt zu schaffen?
In einer Beziehung mit dem/der PartnerIn, dem/der ArbeitskollegIn, dem/der FreundIn, unseren Kindern, den NachbarInnen, den Eltern, den Schwiegereltern,…. taucht ein Problem auf. Wir sind uns sofort im Klaren, was da falsch läuft und sprechen es in angemessenem und respektvollem Ton an. Woraufhin ein klärendes Gespräch stattfindet und alles wieder eitel Wonne ist. So schön, so unrealistisch.
In Wahrheit ist es uns ein Graus, Dinge zu klären, denn die meisten von uns sind konfliktscheu aus einer gewissen Verlustangst heraus. Das wird sich schon von selbst richten; warum jetzt da Stress machen; ach, so schlimm ist das doch gar nicht; das ist mir doch viel zu mühsam, das jetzt gleich zu klären, das geht morgen auch noch… Die Ausreden, die wir für uns selbst finden, um etwas nicht zu klären, sind endlos und ja oft wirklich sehr vernünftig, nicht wahr? Aber genau das ist es: Wir machen uns die Aufschieberitis zur Gewohnheit. Und so türmen sich bald die nicht angegangenen Probleme rund um uns auf und wir haben das Gefühl, das könnten wir nie mehr schaffen.
Zur Sicherheit Dinge aufbewahren
Das Gleiche passiert uns mit Dingen, die wir in unserem Zuhause anhäufen. Haben wir in Beziehungen Angst, wir könnten nicht mehr geliebt werden, wenn wir Unangenehmes ansprechen, ist es bei Dingen oft ein Sicherheitsdenken, das uns Unnützes aufbewahren lässt: Ich kann ja nicht wissen, ob ich das nicht doch irgendwann einmal brauchen werde. Und was dann? Wenn ich es jetzt wegschmeiße, dann werde ich mich ewig ärgern. Das alles sind Ängste. Furcht vor der Zukunft, vor dem Ungewissen. Und dafür wollen wir gewappnet sein. Aber sind wir das wirklich, weil wir Krempel aufheben, der uns im Hier und Jetzt ärgert?
Das Loslassen, Ballast abwerfen – so schwierig in der Vorstellung und doch so erleichternd, wenn wir es erst einmal geschafft haben. Ja, es gibt auch Menschen, die gar nichts aufbewahren, sofort alles wegschmeißen, sofort alles wegräumen, sofort alles „wegwischen“. Die genau wissen, wie viel Teller und Tassen in ihrem Schrank stehen. Das ist auch eine Möglichkeit, dem Chaos auszukommen. Aber wer im Außen alles total clean braucht, vergisst zu leben. Kann sich nicht wirklich einlassen auf Beziehungen – weder zu Menschen, noch zu seiner Umgebung. Wiederum sind es Ängste, die uns dabei hindern, ein entspanntes Leben zu führen, mit allen Unwägbarkeiten, die nun einmal dazugehören.
Die Ausgewogenheit finden zwischen Chaos und Ordnung
Was ist nun aber richtig, was ist gut für uns, wie viel ist genug, was wäre etwa sogar zu wenig…? Das Leben bedeutet Lebendigkeit, mit allen Auf und Abs, mit Chaos und Ordnung. Nicht wer täglich putzt, hat sein Leben im Griff. Es gilt, die persönliche Waage zu finden, zwischen Chaos und Ordnung. Wir müssen nicht in einem Museum leben, man darf ruhig sehen, dass in unserem Zuhause gelebt, geliebt, gelacht, gespielt,… wird.
Und hier hat jeder seine eigene Art und Weise – und die gilt es auch zu akzeptieren. Aber alles, was uns selbst (nicht der Schwiegermutter ;-)) ins Auge fällt und uns stört, uns ein schlechtes Gefühl vermittelt, gehört angesehen und angegangen. Ob es sich nun um Beziehungen oder Müll handelt. Eine natürliche Ordnung und sinnvolle Strukturen geben uns Halt und Entspannung.
Und was ist nun das Geheimnis? Wie schaffe ich es, Altes nicht mehr mitzuschleppen?
Anfangen. Anfangen sich selbst wertvoll genug zu nehmen, um Themen anzusprechen, die einem unangenehm sind. Anfangen, Dinge zu entsorgen, die einen stören. Anfangen, Vertrauen in sich und das Leben zu haben, dass alles da ist oder kommen wird, in dem Moment, wo wir es brauchen. Tja, und dann? Dranbleiben. Nicht mit Zwang und Krampf und Pedanterie – sondern mit Freude daran, es sich (im Leben) leichter zu machen.
Daniela Christl