Was falsch läuft in unseren Schulen und wie man es besser machen könnte, verdeutlicht die deutsche Grundschullehrerin Sabine Czerny (45) sehr persönlich und anschaulich auf 815 starken Seiten im Buch „Was wir unseren Kindern in der Schule antun…und wie wir das ändern können“.
Czerny schildert ihren Lebens- und Bildungsweg und wie sie zu ihrer – augenscheinlich erfolgreichen – Methode des Unterrichtens gekommen ist. Sie beschreibt im Buch ihre Suche nach den Ursachen für Lernschwierigkeiten, wie man diese vermeiden kann und landet schließlich bei einem Zitat von Hirnforscher Gerald Hüther: „Ein Mensch kann nur das lernen und sich einprägen, was Emotionen in ihm hervorruft und zwar positive!“
Individualität sieht sie als oberste Prämisse in der Schule. Czerny geht mit der Frage ans Unterrichten heran: „Was brauchst du, damit du ein guter Schüler sein kannst?” Um sich in ein Kind hineinzuversetzen, schlägt sie Übungen vor, wie die Körperhaltung, den Gesichtsausdruck, das Verhalten des Kindes nachahmen, um zu spüren wie es sich fühlt. Oder vor dem Zubettgehen einen inneren Dialog mit dem Kind führen, Fragen stellen, darüber schlafen.
Ansprechende Lernumgebung
Wichtig sei auch die Lernumgebung. Sie meint: “Die Freude am Tun entwickelt sich, wenn Kinder sich, ihr Handeln und ihre Welt als schön erleben. Das Klassenzimmer soll eine Atmosphäre verbreiten, in der man sich wohl fühlt, mit Lese- und Rückzugsecke, Pflanzen. In den Regalen finden die Kinder Spiele, Bücher, Auswahl an Lernmaterialien zum freien Arbeiten. Die Fenster sind jahreszeitlich geschmückt, an den Wänden hängen ausgewählte Materialien wie ein Jahreskreis.”
Ordnung und Rituale
Entscheidend sei auch ein gut funktionierendes Ordnungssystem. Czerny: “Morgens begrüße ich jedes Kind persönlich. Morgenkreis, musizieren, Gesprächszeit: Die Kinder bringen Dinge, Fragen, etc. von zuhause mit. Daraus ergeben sich spannende Themen und Diskussionen.” Den Unterricht bereitet die Pädagogin in Sequenzen und in großen Zusammenhängen vor. Das Thema steht meist gleich ganz im Raum, die Kinder können Eigenes dazu einbringen. Dann wird ins Detail gegangen.
Denken üben
Für sehr wichtig hält sie es auch, das Denken an sich zu üben. In den freieren Phasen arbeiten die Kinder allein oder zu zweit an individuellen Lerninhalten. Hier steht das Erlernen der Arbeitstechniken im Vordergrund und ist wichtiger als anfänglich die Ergebnisse.
Portfoliozeit und Lerntagebücher
Einmal pro Woche gibt es eine Stunde Portfoliozeit. Hier dürfen sich die Kinder völlig frei ein Thema aussuchen. Es stehen ihnen PC, Bücher, Materialien zur Verfügung. Sie führen ein Lerntagebuch, in dem sie anschließend eintragen, was sie in dieser Zeit getan haben, wie es ihnen ging, was sie nächstes Mal machen möchten.
Sabine Czerny: Was wir unseren Kindern in der Schule antun…und wie wir das ändern können, derzeit nur als E-Book, Südwestverlag/Randomhouse, München. 815 Seiten
Für ihren Einsatz erhielt die Autorin 2009 das Karl-Steinbauer-Zeichen für Zivilcourage.
Daniela Christl