U-Boote schwimmen schneller, Sportler auch. Innere Wunden werden mit einem “Gecko-Pflaster” geklebt. Im kühlen Nass so wie in der “trockenen” Medizin liefert die Bionik moderne Lösungen für alltägliche Fragestellungen.
Im Bauwesen wie auch in der Medizin schaut man sich derzeit den Gecko genau an. Durch Hafthärchen an den Füßen kann der Kronengecko überall festkleben, auch an Scheiben. Die Wissenschaft hat dieses Verfahren perfektioniert: Ein leicht löslicher Superkleber besitzt eine Haftkraft von 100 Newton pro Quadratzentimeter – zehnmal so viel wie ein Geckofuß. So können kostenintensive Verbindungstechniken wie Bohren, Dübeln oder Schweißen vermieden werden und in der Architektur vermehrt die Klebetechnik eingesetzt werden – was zusätzlich späteres Recycling erleichtert.
Auch für die Medizin ist dieser natürliche Klebstoff interessant: In den USA wurde ein Gecko-Pflaster entwickelt, das gut verträglich ist und sich im Körper nach einiger Zeit wieder auflöst, ohne Rückstände zu hinterlassen. Innere Wunden können so schonend heilen.
Schnelle Schwimmhilfen
Die Körperform von Delfinen und Pinguinen lieferte Anregungen für das Design von U-Booten und Torpedos. Ein überraschender Aspekt dabei: Dass die Form wenig Widerstand ausgesetzt wird und damit für die
Unterwasserfahrt geeignet ist, ist weniger der konisch zulaufenden Körperform geschuldet; viel mehr Einfluss darauf hat die abgerundete Spitze – wie die des Delfinschnabels.
Ein großes Vorbild im nautischen Bereich ist der Haifisch: Seine Haut verfügt über Eigenschaften, die in mehrfacher Hinsicht gebraucht werden. Haifischhaut besteht aus unzähligen scharfen, schuppenartigen Hautzähnchen. Diese sind zusätzlich so angeordnet, dass sie Rillen entlang des Körpers in Schwimmrichtung bilden. Aufgrund dieser Struktur entstehen weniger turbulente Strömungen und der Wasserwiderstand sinkt.
Werden Airbus-Flugzeuge mit einer Folie bezogen, die der Haifischhaut ähnelt (Riblet-Folie), kann die Wandreibung deutlich reduziert werden und so weitere sechs Prozent an Flugzeugbenzin eingespart werden. Die Hautstruktur des Haifisches wird auch auf Schwimmanzüge angewendet, damit Profi-SchwimmerInnen schnellere Zeiten erreichen können. Diese Anzüge sind so konzipiert, dass sie die Stellen bedecken, an denen beim Schwimmen besonders viel Reibung entsteht. Eine dritte Anwendungsmöglichkeit der Haifischhaut ist in Form eines Bootsanstriches. Die Schuppen auf der Haifischhaut bewegen sich stetig, so dass Muscheln und Algen darauf nicht haften können. Während zuvor ein chemisch wirkender „Antifouling-Anstrich“ verwendet wurde, ist der Bootsanstrich aus Haifischhaut nun eine ökologischere Alternative für Bootsrümpfe.
Der Badespaß wird oft nur dadurch getrübt, dass Badehosen und Badeanzüge nach dem Planschen nass und kalt am Körper kleben. Die Wasserjadgspinne hat eine gefinkelte Lösung für dieses Problem: Sie hat sich auf das Leben unter Wasser spezialisiert und nützt dabei dünne Luftfilme. Analog haben ForscherInnen ein Textilstoff entwickelt, der vor Nässe durch einen dünnen Luftfilm geschützt wird und somit unter Wasser trocken bleibt. Ein erster Prototyp kann vier Tage unter Wasser bleiben, ohne nass zu werden.
Woran sich der Mensch die Zähne ausbeißt
So vielfältige die Ideen aus der Natur sind, eines hat uns die Natur noch immer weit voraus: Sie ist multifunktional. Bisher ist es uns nicht gelungen, diese Multifunktionalität in die Technik zu übertragen. Ein Baum, der 120 Meter hoch ist, ist absolut stabil, passt sich den veränderten Umweltbedingungen an, ist schadenstolerant, selbstreparierend, energetisch unabhängig und hat seinen eigenen Wasserkreislauf. Die Bionik ist zwar fähig, Einzellösungen für ein spezifisches Problem zu finden. Trotzdem bleibt es meist eine Einzellösung.