Grafik: kopf mit kugeln

Vernetztes Denken fördert erfolgreiches Lernen, Bild: yvart - Fotolia.com

Nie mehr Vokabeln pauken?
Sprachen wie im Schlaf lernen?
Unterricht, der Spaß macht?
Davon träumen viele. Auch Vera Birkenbihl wird als Kind wohl davon geträumt haben. Die kürzlich verstorbene Trainerin entwickelte verschiedene Lerntechniken, die es ermöglichen, Wissen hirngerecht und nachhaltig zu erlernen.

„Die Schüler dort abholen, wo sie stehen“– dieser Ansatz Birkenbihls meint, Kindern den Stoff nicht frontal zu vermitteln, sondern so, wie es ihren individuellen Bedürfnissen entspricht. Ihren Erkenntnissen zufolge bleiben im Gehirn nur solche Informationen gespeichert, die entweder durch Nachahmung, spielerisch oder durch eigene emotionale Anteilnahme erlernt wurden.

Trainerin Vera Birkenbihl Portrait

Vera Birkenbihl, Bild: mongos.weisheiten.de

Vera Birkenbihls Theorie des „incidental learnings“ beschreibt das Nebenbei-Lernen z.B. von Vokabeln. Während man eine Zeichnung macht, hört man nebenbei eine Audio-Datei mit einem fremdsprachigenText. Ohne alle Vokabeln und ohne die komplette Grammatik der Fremdsprache zu kennen, nimmt das Gehirn trotzdem den Text auf und nach mehrmaliger Wiederholung erschließt sich dessen Bedeutung. Vergleichsweise funktioniert auch so das Lernen einer Fremdsprache bei einem Aufenthalt im Ausland, wo man keine Vokabeln lernt und nicht alles in die Muttersprache übersetzt, sondern sich die Bedeutung der Wörter aus dem Zusammenhang ergibt.

 

Volksschuldirektorin Lackinger

VD Roswitha Lackinger

Roswitha Lackinger ist Direktorin der Volksschule St. Marien im Bezirk Linz-Land. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit alternativen Lernmethoden und hat diese bereits an ihrer Schule ausprobiert. Grünschnabel hat sie besucht.

Wie kann man sich den Unterricht nach Birkenbihl vorstellen?

R.L. „In der 4. Klasse haben wir zum Beispiel ein sehr erfolgreiches Projekt durchgeführt. Die Kinder haben sich rund zwei Wochen mit dem Thema „Mühlviertel“ beschäftigt.”

Wie wurde dabei das nachhaltige Lernen gefördert?

R. L. “Es wurde fächerübergreifend in Mathematik errechnet, wieviel eine Reise für eine vierköpfige Familie kostet und wie man die Entfernungen nach dem Maßstab einer Landkarte richtig ermittelt. Die Schüler haben Plakate gemalt, eine Präsentation erarbeitet, sie haben zu Hause selbstständig im Internet Recherchen gemacht, sie haben eine Text auf Englisch dazu gelesen. Das fächerübergreifende Arbeiten hat das vernetzte Denken gefördert. Die Kinder haben entdeckt, verglichen, assoziiert, gespielt, kategorisiert, hierarchisiert.”

Was macht den Unterschied zu Frontalunterricht aus?

R. L. “Durch all diese Aktivitäten waren die Kinder die ganzen zwei Wochen über von dem Thema total fasziniert und emotional beteiligt. Den Stoff haben sie sich quasi selbst erarbeitet, dadurch ist das Wissen viel nachhaltiger gespeichert, als bei Frontalunterricht.”

Welche Unterrichtsmodule gibt es noch?

R. L. “Wir haben auch sehr gute Erfahrungen mit Wissensquiz und Ratespielen gemacht. Eine tolle Methode ist auch die ABC-Liste, mit der die Schüler zu einem Thema alles aufschreiben sollen, was ihnen dazu zu jeweils einem Buchstaben einfällt. Erst einzeln, dann mit dem Banknachbar und später in der Klasse, so kommen dann ganz viele Ideen zusammen.
Mit KAWA, der kreativ-assoziativen Wortausbeute, kommen die Kinder auch auf sehr viel gute Ideen.
Team- und Partnerarbeit sind wichtige Bestandteile der Birkenbihl-Methode. Wichtig ist, dass die Kinder auch Fehler machen dürfen, dass sie grundsätzlich Wertschätzung erfahren und das Lernen als Chance begreifen.”

Wie wird es an Ihrer Schule und in Österreich mit dem Konzept weitergehen?

R. L. “Wir haben bereits ein dichtes Netzwerk von Lehrerinnen und Lehrern, die die neue Pädagogik teilweise oder ganz anwenden. Auch mit Ausbildungsstätten der Lehrer, wie die Pädagogische Hochschule in Linz, arbeiten wir zusammen. Ab 2013 wird es einen offiziellen Ausbildungslehrgang dazu geben.”