Ein naturpädagogisches Pilotprojekt mit dem Schwerpunkt „Waldpädagogik und Soziales Lernen“ läuft seit 2012 an der Neuen Mittelschule Dirmhirngasse in Wien.
Ausgangslage war, dass an der Schule vermehrt Probleme und Herausforderungen mit verhaltensauffälligen bis gewaltbereiten SchülerInnen auftraten, was zu einer Häufung von Krankenständen überbelasteter Lehrkräfte führte. Die Eltern erwarteten Lösungen von der Schule.
Die Idee, Waldpädagogik als fixen Bestandteil an der Schule einzuführen, kam Direktorin Sylvia Vogt nach der Lektüre eines GEO-Magazins mit dem Untertitel „Zurück auf die Bäume – Das Recht der Kinder auf Wildnis, Freiheit und Natur“. Vogt: „Nach der Lektüre des Artikels von Andreas Weber war mir klar, woran es lag: Am fehlenden Bezug der (Stadt-)Kinder zur Natur und damit an der Möglichkeit, sich als menschliches Lebewesen artgerecht zu entwickeln.“
Der Waldpädagoge Stefan Lirsch wurde angestellt. Später kam eine Wildnistrainerin mit dazu. Als sie die positiven Effekte auf die SchülerInnen wahrnahmen, öffneten sich die LehrerInnen an der Schule immer mehr diesem Thema und bildeten sich entsprechend fort. Mittlerweile hat sich der Schwerpunkt etabliert und die Schule ist dafür bekannt und beliebt.
Das Fach „Wald“ ist fixer Bestanteil der ersten und zweiten Klassen, die regelmäßig gemeinsam mit WaldpädagogInnen und KlassenlehrerInnen in naheliegende Wälder gehen, um ein pädagogisch wertvolles und naturnahes Programm hautnah erfahren zu können. Das Fach „Wald“ findet bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit statt. In den dritten und vierten Klassen gibt es zwei ausgedehnte Waldausgänge pro Semester, parallel dazu werden in den dritten Klassen “Biologische Übungen” angeboten.
Direktorin Vogt zum Grundkonzept des Pilotprojekts: „Den Kindern wird ermöglicht, die Natur im Wandel der Jahreszeiten zu erleben und die darin lebenden Tiere und Pflanzen kennenzulernen. Durch das Wissen über das Ökosystem soll ein wertschätzender und verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt entstehen.
Andererseits können die Kinder mittels spezieller Aufgabenstellungen, wie auch im freien Tun Lebenskompetenz, Selbstständigkeit und neue Fertigkeiten entwickeln.“ Nicht zu unterschätzen ist das gemeinsame Sein im Wald und die Gruppenerlebnisse in der Natur, die die Klassengemeinschaft stärken. Und natürlich fördert Bewegung und Aktivität an der frischen Waldluft die Gesundheit.
Außerdem macht diese Form des „Lernens“ den Kindern großen Spaß. So werden an den Waldtagen etwa Namensschilder aus Astscheiben gebastelt, ein Lieblingsbaum ausgesucht und übers Jahr begleitet, es wird Iglu gebaut und Bob gefahren, Waldschafe und Lämmer besucht, Bärlauch gesammelt und ein Aufstrich zubereitet und, und, und.
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass es sehr empfehlenswert ist, Heranwachsende so früh wie möglich mit Natur in Kontakt zu bringen. Waldpädagoge Lirsch: „Die Kinder der ersten Klassen sind großteils begeistert und sehr motiviert bei den Waldausgängen dabei. In den zweiten Klassen mit Beginn der Pubertät wird es deutlich schwieriger.“
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Ausflüge in Wald und Natur die Kinder angeregt haben, sich gegenseitig Hilfe und Mut zuzusprechen und Rücksicht aufeinander zu nehmen. Maria Schweizer, Lehrerin an der NMS Dirmhirngasse: „Zeigten manche anfangs noch ein hysterisches Verhalten im Wald im Speziellen durch Angst vor Insekten, hat sich das zunehmend gelegt und die Kinder konnten den Lebensraum Wald angstfrei erfahren. Bei den Wanderungen wurde nicht mehr gejammert, die Kinder entdeckten Details und waren an der Natur interessiert. Sogar die Smartphones waren für sie nur mehr zum Fotografieren interessant und ansonsten eher lästig.“
Daniela Christl