Praxisnaher Unterricht, selbstständiges Erarbeiten von Inhalten und dreiteilige „Leistungs-Portfolios“, das sind Sabine Czernys Vorschläge für gelingende Schule, die sie in ihrem Buch „Was wir unseren Kindern in der Schule antun…und wie wir das ändern können“ festgehalten hat.

Die folgenden Passagen sind Ausschnitte aus einem Interview mit Buchautorin Sabine Czerny „Schule braucht mehr Raum zum Atmen“ vom 4.9.2017 auf www.salto.bz:

  1. Praxisnaher Unterricht

Unterricht sollte anschaulich, kindgerecht sein, mit genügend Zeit zum Üben und Vertiefen. Also nicht einen Zettel über Hagebutten hinklatschen, sondern rausgehen, selber sammeln, gemeinsam Marmelade kochen, verkosten.

2. Nicht Leistungsmessung, sondern Leistungsdarstellung

Mein wichtigstes Anliegen ist es, der Schule wieder mehr Freiraum und Raum zum Atmen zu verschaffen. Um sie wieder zur Lernstätte zu machen, müssen wir sie entmüllen und zwar vor allem von der Leistungsmessung und stattdessen eine andere Art der Leistungsdarstellung implementieren.

Dann sollten wir unser Bild von Intelligenz und Leistungsfähigkeit loslassen und uns fragen: Wie sind die angeblich Dummen denn dumm geworden? Niemand ist dumm geboren! Alle Kinder können lernen – auch wenn klar ist, dass manche in einzelnen Fächern begabter sind als andere oder einfach schon weiter vorne. Man könnte anders mit der Vielfalt umgehen, wenn man zum Beispiel die Benotung wegließe. Noten schaffen eine Kluft, die mit der Zeit immer größer wird.

3. Autodidaktisches Lernen

Bei mir lernt jedes Kind bereits ab dem zweiten Schultag der ersten Klasse Volksschule sich allein oder in selbstgefundenen Gruppen mit einer Aufgabe zu beschäftigen. In der zweiten Klasse erarbeiten sie schon ihre eigenen Themen und lernen, autodidaktisch zu arbeiten. Wenn sie das die restliche Schulzeit so machen dürften, würden sie absolute Experten auf ihren Gebieten. Die haben gelernt, sich Hilfe zu holen, Medien zu nutzen, um an Informationen zu kommen, und mit anderen Kindern zusammenzuarbeiten.

Die Grundidee ist, dass wir unsere Kinder nicht mehr vergleichen, sondern ihnen vorgeben, was zu können ist. Wenn ich ein Level-B-Zertifikat in Englisch mache, weiß ich genau, was mich erwartet. Das nimmt Druck. Lernen muss man trotzdem. So würde ich das auch mit anderen Kompetenzen und Fertigkeiten machen, die man später im Beruf braucht.

4. Dreiteilige Leistungsportfolios:

  • Es gäbe dann eine Art dreiteiliges „Leistungs-Portfolio“. Der erste Teil ist eine Art Skelett mit den Grundkompetenzen, die man hat. Die Prüfungen oder Zertifizierung dafür sollte man auch nach der Schule noch machen können. Mit einheitlichen Standards. Die Abschlüsse sollen weltweit vergleichbar sein. Es gäbe keinen Schulabschluss, sondern ein Kompetenzprofil. Den Level suche ich mir selbst aus und auch die Zeit, die ich dafür brauche – ob mit 10 oder 21 Jahren. Es ist auch egal, wo ich lerne: autodidaktisch, in der Gruppe, der Schule. So würde lebenslanges Lernen auch mehr Sinn machen.
  • Im zweiten Teil ist Raum für individuelle Leistungen, Forschungsprojekte – alles, wofür ich brenne.
  • Der dritte wäre ein Persönlichkeitsteil: Darin stehen Dinge wie „Ich spiele seit zehn Jahren Klavier, arbeite ehrenamtlich im Altersheim…“ Universität und Arbeitgeber sähen dann ganz genau, wer ich bin und was ich kann und ob ich bei ihnen hineinpasse. Prüfungen und Rückmeldungen hätten dann nicht mehr diesen zukunftsentscheidenden Moment und die Schule wäre viel freier.
  • Was wir unseren Kindern in der Schule antun von Sabine Czerny

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