Karl aus Linz hat bereits vor 23 Jahren das gemacht, was bis jetzt bei uns leider immer noch nicht Normalität ist: Er ist als Vater für ein Jahr in Karenz gegangen und hat seine damals einjährige Tochter betreut. „Es war eine einmalige Erfahrung und ich kann es jedem Vater nur empfehlen“, schwärmt der heute 57-Jährige von der intensiven Zeit mit seinem Kind.
Wie kamst du 1994 auf die Idee, in Karenz zu gehen?
Es hat mich interessiert, weil ich mich gerne mit Kindern beschäftige. Ich habe mich darauf gefreut, mit meiner Tochter viel Zeit zu verbringen. Auch beruflich wurde mir nichts in den Weg gelegt. Im öffentlichen Dienst war das damals schon kein Problem. Ich hatte beruflich nichts zu verlieren, da eine Versetzung in eine andere Abteilung für mich auch okay gewesen wäre. Bei meiner Frau war das anders: Für sie war auch ein Argument, dass sie nach nur einem Jahr Karenz sicher wieder in ihre Abteilung zurückgehen konnte.
Wie hat deine Umgebung darauf reagiert, dass du in Karenz gingst?
Naja, ich musste mir schon ein paar blöde Sprüche und Scherze anhören, wie: „Stillgeld kriegst aber keines!“. Die unmittelbaren Kollegen haben aber sehr positiv reagiert. Komischerweise kann ich mich nicht erinnern, dass danach noch ein Kollege in Karenz gegangen ist.
Wie hast du die gemeinsame Zeit mit deiner Tochter verbracht?
Wir waren jeden Tag draußen und haben etwas unternommen. Haben sämtliche Tierparks, Spielplätze und Schwimmbäder unsicher gemacht, waren im Botanischen Garten und im Kasperltheater. In der Früh hab‘ ich alles zusammengepackt und dann hat’s geheißen: Na, wohin wollen wir heute gehen? Zum Mittagsschläfchen ging’s wieder nach Hause. Dann haben wir die Große vom Hort abgeholt. Das war unser Rhythmus und der hat gut funktioniert.
Hattest du Kontakt zu anderen Müttern?
Nein, am Spielplatz hab‘ ich mich nicht in die Frauen-Runde gesetzt, das wollte ich nicht. Ich bin auch eher auf nicht so bevölkerte Spielplätze gegangen. Unter den Müttern wäre ich mir komisch vorgekommen. Auch beim Kinderarzt hab‘ ich mich ungewohnt gefühlt. Auch wenn ich den Kinderwagen geschoben habe, haben die Leute geschaut. Heute hat das eine ganz andere Wertigkeit.
Gab es Dinge, die schwierig für dich waren?
Ja, das Kochen! Für mich und die Kleine ging es ja noch. Wir waren oft auswärts essen, damit sie was Gesundes bekommt. Aber für die Große und meine Frau war kein Essen fertig, wenn sie nach Hause kamen. Den Haushalt mitschupfen war schwierig. Da muss ich leider sagen, dass manches schon zurückblieb, was meine Frau dann nach der Arbeit noch erledigen musste. Da blieb sicher einiges an ihr hängen.
Wie hast du diese Zeit in Erinnerung, was waren die schönsten Momente?
Da muss ich sagen, eigentlich war die Gesamtheit toll. Die gemeinsame Zeit, jeden Tag mitzukriegen, wie meine Tochter wächst. Ich habe einen großen Schritt mit ihr gemeinsam gemacht. Miterlebt, welche Freude sie an allem hatte, was wir unternommen haben. Das war einmalig und nicht zu ersetzen. Ich habe gewusst, so etwas kommt nicht wieder. Ich würde es jederzeit wieder machen.
Hat diese intensive Zeit euer Vater-Tochter-Verhältnis geprägt?
Ich denke schon. Wir haben einen sehr guten Draht zueinander, bis heute. Auch meine Tochter kann sich zum Teil noch gut daran erinnern, was wir alles unternommen haben. Das ist schön.
Daniela Christl