Lebens- und Sozialberater Peter Gigler (49) aus Wels hat sich – auch aufgrund von persönlich überwundenen Krisen – unter anderem als Väter-Coach spezialisiert. Wir haben ihn gefragt, warum es auch heute noch für Männer so schwierig ist, über ihre (Vater)-Gefühle, Unsicherheiten und Ängste zu sprechen.
Warum fällt es Vätern so schwer, sich mit anderen Vätern zu vernetzen und auszutauschen?
Da gibt es immer noch das klassische Bild: „Ein Mann muss alles alleine schaffen!“ Ich habe selbst drei erwachsene Kinder und einen einjährigen Nachzügler. Vor seiner Geburt habe ich ganz bewusst viele Geburtsvorbereitungskurse besucht, um Väter kennenzulernen und diese auch zu einer Väter-Gruppe eingeladen. Es ist aber leider nichts daraus geworden. Auch bei vielen Veranstaltungen für Eltern und Kind bin ich immer wieder als Mann der einzige auf weiter Flur. Was schade ist, weil man Herausforderungen viel besser bewältigen kann, wenn man sich mit anderen abstimmt. Und wenn es nur ist, dass ich höre: „Ach ja, das ist bei uns genauso!“ Das entspannt.
Was macht ein „Väter-Coach“?
Ich begleite einerseits Väter in Trennungssituationen, andererseits unterstütze ich Väter dabei, bewusst auf die eigene Vater-Rolle und Paar-Beziehung hinzuschauen. Väter und Mütter gehen Dinge oft sehr unterschiedlich an. Das fängt beim Wickeln an und hört bei wichtigen Erziehungsfragen auf. Viele Väter brauchen ein Feedback, ob es denn „normal“ ist, so wie sie das machen.
Junge Mütter holen sich oft Rat von ihren eigenen Müttern. Tun junge Väter das auch?
Väter überlegen genau wie Mütter: Wie war mein Vater? Was kann ich besser machen? Die vorangegangene Männer-Generation war sicher zum Teil als Vater schon engagierter. Es kommt aber sehr darauf an, ob ich ein gutes, inniges, vertrauensvolles Verhältnis zu meinem Vater aufbauen konnte. Es gibt immer noch ein tief sitzendes Rollenverständnis in der Gesellschaft. Es kommt darauf an, wie sehr ich mich davon befreien kann. Es gilt, individuell für sich selbst zu definieren, was mich als guten Vater ausmacht. Dabei sollte man nicht grundsätzlich alles verteufeln, was von den eigenen Eltern vorgelebt wurde. Denn da war sicher auch Gutes dabei. Aber grundsätzlich gilt, dass Männer viel weniger Möglichkeiten haben über das Vater-Sein zu reden. Sie haben aber auch meist weniger das Bedürfnis.
Warum gehen immer noch so wenige Männer in Karenz?
Der Grundgedanke ist immer noch: Frauen können das besser; sie sind dafür geschaffen. Aber generell gilt: Papa kann alles schaffen – bis auf die Stillzeit. Ich habe beides erlebt – bei meinen großen Kindern war es noch nicht üblich als Mann in Karenz zu gehen – bei meinem Nachzügler empfinde ich die Baby-Pause als großen Gewinn für mich selbst und die Beziehung zum Kind. Auch ein Abstand zum Job tut manchmal ganz gut.
Sollten Männer per Gesetz in Karenz gehen müssen? Vielfach scheitert es ja am Arbeitgeber, der kein Verständnis für die Väter-Karenz hat.
Ich erlebe schon oft, dass karenz-willige Väter auf Schwierigkeiten beim Arbeitgeber treffen. Sogar ein befreundeter Lehrer musste sich von der Direktorin anhören: „Wenn du in Karenz gehst, kannst du dir gleich einen neuen Job suchen!“. Für Unternehmer ist es aber nicht leicht, jemanden zu ersetzen für zwei Monate Karenz – was noch die meisten Väter machen. Aber alles, was Zwang ist, ist aus meiner Sicht nicht förderlich. Ich glaube eher, es sollte vom Familienministerium eine Kampagne geben, um Väter-Karenz populärer zu machen. Das Bewusstsein gehört verändert. Unternehmen sollten Unterstützung dabei bekommen, für diese kurzen Zeiten Ersatz zu finden. Eine gute Idee fände ich zum Beispiel, mit einem Papa-Tag anzufangen. Das heißt, die Elternzeit wäre aufgeteilt in vier Tage Job und ein Tag in der Woche Papa-Tag. An diesem Tag hat der Vater die gesamte Verantwortung für den ganzen Tag. Das hielte ich für sinnvoll.
Was braucht es, damit Männer ihre Rolle als Vater und Partner gut erfüllen können?
Ganz wichtig ist eine Wertschätzung gegenüber dem, was Mütter leisten, dass das wirklich eine Arbeitsleistung ist. Gerade die erste Zeit mit dem Baby ist extrem anstrengend, das Leben steht auf dem Kopf. Auf keinen Fall darf man darüber vergessen, auch als Paar in Beziehung zu bleiben. Sich Auszeiten zu schaffen, um die Liebesbeziehung zu pflegen. Das ist natürlich mit Arbeit verbunden. Aber langfristig enorm wichtig, um nicht mehr „nur“ als Eltern-Paar zu funktionieren und darüber sich selbst als Liebes-Paar zu vernachlässigen.
Daniela Christl