Warum Rituale? Weil sie den Alltag vereinfachen, Komplexität rausnehmen, Anhaltspunkte und Orientierung geben. Sie helfen Abläufe zu strukturieren, die uns gerade als Familie überfordern würden, wenn sie jedes Mal neu ausdiskutiert werden würden. Man denke nur an einen normalen Morgen, an dem zwei Kinder in die Schule oder den Kindergarten müssen. 

Täglich erleben wir in der Familie Situationen, in denen wir eine Entscheidung zu treffen haben. Schon alleine der Morgen ist voller Entscheidungen: Was mag ich heute frühstücken? Was zieht jedes Kind an? Schaffe ich es vor der Arbeit noch kurz einzukaufen? Noch die dicke Haube anziehen oder reicht die dünne? Zusätzlich bedarf es oft noch der Emotionsbegleitung und Entscheidungshilfe bei den Kindern – manches Mal braucht es schon einige Ressourcen, bis alle möglichst konflikt- und stressarm außer Haus sind.

Rituale reduzieren Komplexität
Damit nicht alles bei jeder Gelegenheit neu auszuhandeln ist, können uns Rituale und eine Handvoll sinnvoller Regeln hilfreich sein. Rituale sind, besonders auch für Kinder, verlässliche Anhaltspunkte zur Orientierung. Die Abläufe sind dann immer ähnlich strukturiert, das Kind kann sich schon auf das Kommende einstimmen, weiß was zu tun ist und es ist nicht immer wieder alles neu und ungeklärt.

Dadurch werden Abläufe vertraut, gut verinnerlicht und brauchen weniger bewusste mentale Kapazitäten. In Rituale können wir vor allem wiederkehrende Alltagssituationen wie den Start in den Tag, Körperpflege, das Wieder-Zuhause-Ankommen oder den Übergang zur Nacht gut einbinden. Die Rituale, die wir für uns als Familie finden, dürfen ganz individuell zu uns passen. Wir können sie nach unseren Bedürfnissen maßschneidern und sie wachsen mit uns mit. Sie sollen uns Leitlinie und Hilfsmittel sein, uns begleiten ohne zu sehr einzuengen.

Einen Schritt voraus: Unser Frühstücksritual
Für uns war der Morgen für längere Zeit und immer wieder eine herausfordernde Phase. Alle standen gleichzeitig auf und waren hungrig. Alle brauchten etwas, und zwar gleichzeitig und möglichst sofort. Manche Familienmitglieder benötigen zusätzlich einen langsamen Start und sind noch nicht gut in der Lage, flexibel mit unliebsamen Umständen umzugehen – so auch ich –, andere wiederum sind gleich voller Energie. Das barg einiges an Reibereien – und so wollten wir unsere Tage nicht beginnen.

Mein Mann und ich schauten uns im Nachhinein die Situationen öfters an und fanden so Schritt für Schritt Punkte, an denen wir mit einer kleinen Veränderung eine Verbesserung bewirken konnten. So begann ich zum Beispiel, kurze Zeit vor den Kindern aufzustehen. Das gab mir den nötigen Raum, schon etwas vorzubereiten und manchmal sogar noch in Ruhe ein Frühstück zu essen, bevor die Kinder aufstanden. Ein wertvoller Vorsprung für mich.

Außerdem hatten wir ein Aha-Erlebnis, was den Einfluss des Blutzuckerspiegels auf unsere Stimmung morgens betrifft. Rückfragen, was die Kinder denn frühstücken wollten, hatten sich immer wieder als Konfliktherde entpuppt. Nun machten wir den Versuch, ihnen ohne große Fragen ein nahrhaftes unkompliziertes Frühstücksgetränk vorzubereiten. Das war dann schon da, wurde wunderbar angenommen und erwies sich als guter Weg, um morgendliche Diskussionen zu reduzieren.

Seither ist das unser liebgewonnenes morgendliches Ritual: Ich bin schon etwas früher wach, habe ein paar Ressourcen durch Alleinzeit und Essen getankt und die Kinder stärken sich mit ihrem einfachen und meistens passenden Frühstück und das alles gern kuschelnd und noch bei gedämpftem Licht.

 

Für mehr Freude im Leben mit Kindern!
Katharina Maderthaner, MSc (Counseling)
katharina.maderthaner@gmx.net