Onlinesüchte dienen oft dazu, Einsamkeit zu ersetzen. Gerade Jugendliche sind deshalb für Pseudobeziehungen auf Facebook etc. empfänglich. Kurosch Yazdi, Leiter des Zentrums für Suchtmedizin an der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg in Linz, präsentierte sein neues Buch „Junkies wie wir“.
Es gibt Kinder, die 17 Stunden am Tag auf Facebook verbringen und Jugendliche, die sich die Nächte mit Rollen- und Strategiespielen wie World of Warcraft oder Ego Shootern um die Ohren schlagen. Kurosch Yazdi leitet das Zentrum für Suchtmedizin an der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg in Linz und hat tagtäglich mit Verhaltenssüchten wie Online- und Glücksspielsucht zu tun.
„Wir sind nichts anderes als Rudeltiere, wie Wölfe. Bei Onlinespielen kann ein Jugendlicher Respekt und Ansehen gewinnen, auch wenn er im echten Leben wegen seiner Pickel im Gesicht gehänselt wird.“ Wird das Bedürfnis nach Beziehung in der Realität nicht befriedigt, flüchten sich viele Menschen, Kinder und Erwachsene gleichermaßen, in die virtuelle Welt.
Daran verdienen die Betreiber von Social Media, Pornografie, Online-Rollen- oder -Strategiespielen viel Geld. Sei dies nun mit Online-Werbung oder Spiellizenzen, selbst kostenlose soziale Medien wie Facebook bereichern sich mit jedem Klick der User.
Nun ist jedoch nicht jeder, der stundenlang im Internet surft, zwangsläufig onlinesüchtig. „Wenn drei der folgenden Kriterien auf jemandem zutreffen, ist die Grenze zwischen ‚blöder Angewohnheit‘ und Sucht überschritten“, erklärt Yazdi:
- Zwang zu konsumieren
- Entzugserscheinungen (Schlafstörungen oder Aggressivität, wenn Internet nicht verfügbar ist)
- Toleranzentwicklung (immer mehr Zeit wird vor dem Internet verbracht)
- Vernachlässigung anderer Interessen und Pflichten (z.B. Schule schwänzen)
- Weitermachen trotz negativer Konsequenzen (z.B. schlechte Noten)
„Ein Suchtkranker fokussiert sich stark auf das limbische System, das Belohnungszentrum im Gehirn. Ist dieses überaktiviert, dann ist der Betroffene für rationelle Argumente unempfänglich“, erklärt Yazdi. Das heißt, ein Appell wie „Reiß dich halt zusammen!“ oder Laptop-Verbot funktionieren dann nicht mehr.
Was Eltern tun können, um Kinder vor den negativen Folgen von (Online-)Süchten zu schützen: immer wieder mit ihren Kindern in Beziehung treten und auch bei Problemen versuchen, in Kontakt zu bleiben.
„Kinder lernen von Menschen, mit denen sie sich identifizieren, also die zu ihrem Rudel gehören“, erklärt der Psychiater. (Kleine) Kinder streben nach rascher Bedürfnisbefriedigung. Wird diese aufgeschoben, entsteht Frustration. Dies wird deutlich am so genannten „Marshmellow-Test“, den Psychologen in den 1960er und 1970er Jahren durchführten.
Mein Kind sitzt nur noch vor dem PC, was tun?
Kurosch Yazdi: Junkies wie wir. Spielen, shoppen, Internet. Was uns und unsere Kinder süchtig macht. Verlag edition a. 2013. Preis: 19,95 Euro.
Maria Zamut