Vom Bauen von Zwergenhäuschen im Wald, um die Wartezeit auf das Christkind zu verkürzen, erzählt Maria Zamut, Organisationsreferentin beim Grünschnabel. 

Als ich noch sehr klein war, ging es jedes Jahr am Nachmittag vor dem Heiligen Abend mit meinen drei älteren Schwestern in den Wald. Erst viel später begriff ich, dass meine Eltern uns aus dem Haus haben wollten, um in Ruhe den Christbaum zu schmücken und die Bescherung für uns vorzubereiten. Doch in jenen Tagen freute ich mich darauf, uns warm anziehen und mit den drei „Großen“ hinunter in den Wald marschieren.

Hier wanderten wir zunächst einmal über die Brücke am Bach, an Eschen, Holunderbüschen und Jungfichten vorbei. Wir genossen die Ruhe und Stille des winterlichen, oft verschneiten Waldes bis wir zu der Stelle tief drin im Wald kamen, wo die besonders hohen, erhabenen Fichten standen. Obwohl ich auf einem Bauernhof aufwuchs, gingen wir Kinder nicht oft in den Wald. Und schon gar nicht gemeinsam mit den großen Schwestern, die acht und neun Jahre älter waren als ich.

Dort, wo die höchsten Fichten unseres Waldes wie erhabene Riesen ihre Kronen über uns ausstreckten, hielten wir inne. Wir tranken aus der mitgebrachten Thermoskanne vom mit Honig gesüßten Tee und aßen von den Keksen, die unsere Mutter uns eingepackt hatte. Und dabei erzählte uns meine älteste Schwester stets die gleiche Geschichte.

Sie berichtete von den Zwergen, die hier unter den hohen Fichten lebten, mit den bunten Zipfelmützen, die lustig auf und ab wippten, wenn sie durch den Wald liefen. Sie hielten sich versteckt vor uns Menschen, da sie sehr scheu und schreckhaft seien. Darum müssten wir auch leise sein. Psst. Diese Zwerge eben frierten nun in der kalten Jahreszeit und auch für sie sei es jetzt Weihnachten. Sie würden sich sicher freuen, wenn wir Menschenkinder ihnen ein gemütliches Heim hier im Wald bauten.

Meine große Schwester hatte noch nicht fertig gesprochen, da waren wir beide, meine um drei Jahre ältere Schwester und ich, schon dabei, Moos, Zweige, Zapfen, Baumschwämme und anderes Material aus der näheren Umgebung zusammen zu tragen. Dies war nun das Baumaterial für die kleinen Mooshäuschen mit Zweigdach samt Zaun aus Rinden und Garten aus Zapfen und Baumschwämmen.

Ich sehe mich noch heute auf dem weichen Nadelboden zwischen den mächtigen Wurzeln der hohen Fichten knien und mit roten Wangen eifrig an meinem Zwergenanwesen bauen. Selbst die Ungeduld auf die Bescherung vergaß ich in dieser Zeit. Ich war nur beseelt davon, eine möglichst schöne, wohnliche und vor allem gemütliche Bleibe für die kleinen Waldbewohner entstehen zu lassen.

Auch meine drei Schwestern, ja selbst die „Großen“ bauten jedes Jahr wieder ein Haus für die lustigen Waldzwerge. Wie schön es war, sich dann nach getaner Arbeit die Unterkünfte anzusehen und sich vorzustellen, wie sich die lustigen Zwerge darin gemütlich einrichten und einen schönen Weihnachtsabend verbringen würden. Die Erinnerung daran ist auch nach fast einem halben Jahrhundert noch sehr lebendig.

Wenn wir im Frühjahr wieder durch den Wald spazierten, sah ich stets nach den Häuschen zwischen den hohen Wurzeln der Fichten. Sie waren zusammengefallen, nur noch kleine Häufchen waren übrig. Aber egal, die Zwerge brauchten sie ja nun nicht mehr.

Als Kind war ich überzeugt, dass zwischen den starken Wurzeln von Fichten Zwerge Unterschlupf suchten. Nur als Kind? Selbst heute noch ruft mir der Anblick von Fichtenwurzeln auf weichem Nadelbett unsere Mooshäuschen und ihre Bewohner ins Gedächtnis. Der Zauber der Zwerge wirkt bis heute.

Maria Zamut ist auf einem Bauernhof in Stadt Haag in Niederösterreich aufgewachsen und heute Organisationsreferentin beim Grünschnabel. Sie genießt es sehr, mit (Grünschnabel-)Kindern draußen zu sein und mit ihnen gemeinsam die Magie des Waldes beim Spielen und Erforschen zu erleben.