Heimlich zum Religionsunterricht gehen und Heringssalat als Weihnachtsessen – Grünschnabel-Mitarbeiterin Silke Kamoun beschreibt ihre Erinnerungen an Weihnachten in der sozialistischen DDR.   

Weihnachten wie damals… welches damals? Damals, als es das Land noch gab, in dem ich geboren wurde, evangelisch getauft, aufgewachsen wenige Kilometer entfernt von dem Tor, an dem Luther die Thesen anschlug? Am Religionsunterricht teilzunehmen wurde nicht gern gesehen und Religion war auch kein Unterrichtsfach…

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Wir (wenige von uns) gingen heimlich, nach dem Unterricht, am Nachmittag, in unserer Freizeit in das Pfarrgebäude gleich bei der Kirche, denn bei Pfarrer Koch und seiner Frau hat Religionsunterricht Freude gemacht. Ringsum sah ich mehr Fabrikschlote als Tannenbäume und für jedes christliche Fest hatte der Staat eine atheistische Alternative…. Bis auf Weihnachten, eigentlich bis auf den Heiligen Abend, den 24. Dezember, denn dessen Geschichte steht ja geschrieben.

Das Krippenspiel war der feierliche Höhepunkt des Jahres, da war die Kirche auch bis über den letzten Sitzplatz hinaus voll und alle kannten die Liedtexte. Wir wenigen Religionskinder konnten gerade so alle Rollen aus der Weihnachtsgeschichte besetzen und dann sind wir auch noch in drei Ortschaften aufgetreten: um 14, 16 und im eigenen Dorf erst um 18 Uhr.

Anschließend gab es zum Abendessen Omas köstlichen Heringssalat mit Fisch aus der Ostsee, einer Rarität, die selten bis in den Süden kam, als süße Nachspeise ein Stück Gewürzkuchen und dann endlich ein paar Geschenke von der Wunschliste, die man schon im Jahresverlauf versuchte zu besorgen, meistens Kleidung, Bücher, Wolle für einen moderneren Pullover, Dinge für die „Aussteuer“… es war halt so… wir haben uns nicht beschwert.

Das Überangebot der heutigen Geschäfte, Glitzer und Plastik in Hülle und Fülle, Lebkuchen ab August und drei Mal am Tag „Last Christmas“ wecken ab und zu in mir den Wunsch nach einem Weihnachten wie damals…

Gewürzkuchen als Guglhupf oder für 32 Stück vom Blech
Zutaten
4 Eier
250 g Zucker
250 g Butter oder 250 ml Sonnenblumenöl
250 ml Milch oder Mineralwasser
Saft einer halben Zitrone
1 EL Rum
350 g Mehl
3 EL Kakaopulver
1 Backpulver
1 TL Lebkuchengewürz

150 g Puderzucker
einige Tropfen Zitrone

Eier und Zucker schaumig schlagen. Rum, Sonnenblumenöl (oder Butter) und Mineralwasser (oder Milch) untermischen. Mehl, Backpulver, Lebkuchengewürz und Kakaopulver unter die Eimasse rühren. Teig auf das Backblech oder in eine Gugelhupfform geben und im vorgeheizten Ofen für etwa 25 min backen und abkühlen lassen. Anschließend mit einem Guss aus Puderzucker und Zitrone übergießen.

Silke Kamoun ist Chemikerin, in der ehemalgien DDR in der Nähe von Wittenberg aufgewachsen und lebt seit 35 Jahren in Oberösterreich. Beim Grünschnabel ist sie für die Administration des Remisenhofs zuständig, hält Workshops zum Thema Plastik(vermeidung) und experimentiert in den Sommerferien mit jungen Forschern im Freiluftlabor.