Hallo, mein Name ist “Gerda Gelse”!
Ein außergewöhnliches Sach-Bilderbuch über Stechmücken lädt zum Umdenken ein.
Stickmugga, Schnake, Mücke, Mosquit oder wie sie auch heißen mögen, die verhassten und weit verbreiteten kleinen Vampire der Dämmerstunden – zumindest als Vogelfutter haben sie ein Recht zu leben. Das ist mein Standardargument, wenn eins meiner Kinder nach einer mäßig erholsamen Sommernacht grantig kratzend beim Frühstückstisch sitzt und lästert, der liebe Gott hätte doch besser gar keine Stechmücken erschaffen.
Die Lektüre des Gelsenbuchs jedoch verschiebt unsere Sichtweise: Gerda, eine dieser unbeliebten Quälgeister, spricht uns direkt an und plaudert aus dem Nähkästchen. Sie beteuert, sich ohnehin zu bemühen, uns ganz fein zu stechen, damit wir´s nicht merken. „Das juckt euch trotzdem? Das tut mir aber leid.“ Eigentlich ist Gerda Vegetarierin und ernährt sich von Blütennektar. Unser Blut braucht sie, damit ihre Eier wachsen können. Diese Einsicht schützt sie – vielleicht! – vor unserem tödlichen Klatscher.
Der Text kommt von Heidi Trpak, einer Wiener Kindergartenpädagogin, die uns mit viel Humor und Ironie die Lebenswirklichkeit dieser besonderen Insekten nahe bringt. Sie gibt der Gelse einen Namen, verleiht ihr Stimme und lässt sie von Sorgen und Nöten der Kinderaufzucht erzählen. Bildkommentare mit stichhaltigen Sachinformationen in kleinerem Druck ergänzen Gerdas Geschichte.
Kindern fällt es leicht, sich in Tierwelten einzufühlen, genau zu beobachten. Ihre Begeisterung für Spinnen und Regenwürmer fordert uns manchmal heraus. Stechmücken mit Verständnis zu begegnen, das scheint nun doch ein wenig viel verlangt. Aber Gelse Gerda öffnet uns die Augen: Ihr Einschlaf-Lied für uns, das bekannte wunderschöne Sirren, stammt von ihren zauberhaft zarten Flügeln, die aussehen wie aus durchscheinenden Blättern gemacht. Wie elfengleiche Zwischenwesen, halb Tier halb Pflanze, führen sie ein faszinierendes Leben am Wasser, dessen Geheimnisse das Buch lüftet.
Die Bilder wurden von der Berlinerin Laura Momo Aufderhaar gedruckt, gezeichnet und geschnitten. Witzig-frech und locker sind die linearen Detailskizzen, die den Text auf unkonventionelle Art interpretieren. Sie bilden einen erfrischenden Gegensatz zu den leuchtenden Farbflächen, die mit der Druckwalze entstanden sind und den Hintergrund darstellen für poetische Pflanzen- und Teichszenerien. Ahornsamen, Breitwegerichblüten und Salbeiblätter sind der Bildkünstlerin im Pflanzendruck wertvolle Elemente zur Gestaltung ihrer fragilen und eleganten Flugwesen.
Heidi Trpak / Laura Momo Aufderhaar: „Gerda Gelse. Allgemeine Weisheiten über Stechmücken“. 14,90 Euro. Wiener DOM Verlag, 2013, ISBN 978-3-85351-247-0
Entstanden aus dem Projekt „lesen lieben lernen“ der St. Nikolaus-Stiftung, wurde am 15. April im Naturhistorischen Museum in Wien präsentiert.
Weitere Informationen zum Buch findest du hier.
Eine Anleitung, wie du aus Blättern und Pflanzenteilen in Materialdrucktechnik grazile Insektenkörper und -flügel herstellen kannst, findest du auf dem Poster, das dem Buch beigelegt ist.
Wenn du noch mehr über Gelsen und andere Insekten erfahren möchtest, dann besuch doch den Insektenschauraum im Naturhistorischen Museum in Wien. An den Wochenenden kannst du dort bei einem Mikrotheater zusehen. Dabei werden lebendige Kleinorganismen von Videokameras durch Mikroskope gefilmt und live direkt auf die Großleinwand projiziert.