In ihrem Buch „Slow Family“ erteilen Julia Dibbern und Nicola Schmidt der Doktrin des „größer, schneller, besser“ eine klare Absage und liefern sieben Zutaten für ein entschleunigtes Familienleben.

Julia Dibbern und Nicola Schmidt gelten als Pionierinnen der artgerecht-Bewegung. Sie sagen dem Stress, der durch die Mehrfachbelastung Beruf, perfekte Eltern sein und mehr besitzen wollen entsteht, den Kampf an und formulieren in ihrem neuen Buch sieben Punkte, an die ein verlangsamtes und vereinfachtes Familienleben ansetzen kann.

Stress ist eine eigentlich überlebenswichtige körperliche Reaktion auf eine belastende Situation – aber nicht auf Dauer im Alltag angelegt, schreiben die Autorinnen. Stress für Eltern bedeutet Stress für Kinder. Eltern haben dann weniger Kapazitäten, unbefriedigte Bedürfnisse und können nicht gut für sich und die Kinder da sein.

Aus der Schnelllebigkeit auszusteigen bedeutet nicht, auf Zivilisation und Smartphone zu verzichten: „Für ein entspanntes, gesundes Familienleben braucht es nur ein bisschen mehr Zeit, ein bisschen mehr Achtsamkeit, ein bisschen mehr Dorf, ein bisschen mehr Naturnähe“. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass Entschleunigen, Reduzieren und wertschätzendes Leben im Familienalltag machbare Beiträge zur Erhaltung unseres Planeten sind. Happy families, happy planet!

Wie wird man langsamer?
Jeden Tag investieren wir ein bisschen in unseren Zeitwohlstand, indem wir aus sieben Zutaten die wählen, die gerade gut zu uns und unserem Ziel einer „slow family“ passen:

Liebe: Das Gefühl der Verbundenheit und Zugehörigkeit gibt Kindern ein wichtiges Fundament. Ebenso brauchen Eltern Erfahrungen des Angenommen-Seins. Der Mensch als soziales Wesen ist auf seine Gruppe angewiesen.

Gemeinschaft zu pflegen und nährende Kontakte zu unterhalten ist eine der wichtigsten Ressourcen für Eltern. Eine sinnstiftende Arbeit, genügend Wohnraum und Geld, gesundes Essen und Schlaf zählen unter anderen ebenso dazu.

Wenn wir Zeit in der Natur verbringen, lassen sich nachweislich Entspannungseffekte im Körper messen. Etwa nehmen Pulsrate und das Stresshormon Cortisol im Körper ab, während die Stimmung sich durch eine erhöhte Ausschüttung von Dopamin und Serotonin verbessert. Schon kleine Dosen Natur reichen dafür aus, etwa wenn wir am Heimweg mit dem Kind einen Käfer beobachten. Ein gestresster Elternteil ist angespannt und neigt zu Überreaktionen.

Sich in Achtsamkeit zu üben, ist ein wirksames Hilfsmittel zum Gegensteuern. Die Körperwahrnehmung verbessert sich, bestimmte Bereiche im Gehirn werden neuronal dichter vernetzt, was in Stresssituationen präsenter sein lässt. „Achtsamkeit heißt, vom ‚Erledigungsmodus‘ in den ‚Wahrnehmungsmodus‘ zu wechseln“, so Dibbern und Schmidt.

Wissen hilft dabei, informierte Entscheidungen zu treffen. Es macht sicherer und beruhigt, wenn man etwa um das Wesen von Entwicklungssprüngen weiß. Dabei gilt: Wir tun nach bestem Wissen unser Bestes als Eltern. Neugier versetzt das Gehirn in einen Zustand, in dem Lernen leichtfällt und Gelerntes besser behalten wird.

Lassen wir uns deshalb auf den Zauber ein, den unsere Kinder in der Welt sehen. Kinder trödeln nicht, weil sie langsamer im Denken sind, sondern weil sie weit mehr Eindrücke aufnehmen und diese integrieren müssen. Und wer über den Sonnenaufgang staunen kann, kann sich nicht so sehr über zehn Minuten Verspätung ärgern.
Sehr alltagsnah und unkompliziert berichten die Autorinnen über Slow-Family-Erfahrungen und geben Impulse, die von dichterer Vernetzung mit den Nachbarn bis Zähne putzen im Geiste der Achtsamkeit und Langsamkeit reichen.

Für mehr Freude im Leben mit Kindern!
Katharina Maderthaner, MSc (Counseling)
katharina.maderthaner@gmx.net