„Wer wagt, gewinnt“, lautete der Titel des Vortrags des Risikopädagogen Gerald Koller zum Auftakt der Väter-Aktions-Tage 2018, bei denen sich auch Grünschnabel beteiligt. Nach dem Motto von Rudi Anschober “Vielfalt ist die beste Vorbeugung von Einfalt” plädiert Koller dafür, Kindern eine bunte Vielfalt an Handlungsmustern mit auf den Lebensweg zu geben, um Herausforderungen zu meistern.
Gerald Koller fordert die Rolle von Eltern als “paedagogos” ein im ursprünglichen Sinne des Wortes, als “Wegbegleiter” der Kinder auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden. Und dabei könnte für die Eltern der Ausspruch hilfreich sein: „Weiter als der Verstand reicht das Verständnis.“ Koller sieht als die drei größten Verständniskiller der Erziehung:
1. Elterliches Alzheimer: Viele Eltern vergessen, wie sie selbst waren, als sie jung waren. Koller zitiert eines der ältesten Schriftstücke der Welt, auf dem geschrieben steht: „Wenn mein Sohn und seine Freunde ihr lasterhaftes Verhalten nicht einstellen, dann sehe ich keine Zukunft für diese Welt.“
2. Vergleich mit der eigenen Kindheit: Zu unserer Zeit hätte es das nicht gegeben. Aber die Zeiten haben sich geändert.
3. Überbehütung: Tendenziell gilt, je älter die Eltern, umso ängstlicher werden sie. Wir können unsere Kinder nicht vor allen Unwägbarkeiten bewahren. Überbehütete Kinder sind lebens-unfähig.
Koller plädiert in seinem Vortrag für eine Bewährungspädagogik. Diese meint: „Hilf mir, es selbst zu tun“. Kinder müssen die Seetüchtigkeit für ihr Leben selbst lernen. Dies bedeutet für uns Eltern den Unterschied zwischen einer Gefahr (Bedrohung des Lebens) und dem Risiko (bedeutsames Ereignis mit unbestimmtem Ausgang) ernst zu nehmen.
Sich den eigenen Ängsten stellen
Wir können unsere Kinder vor dem Leben nicht bewahren. Wir sind aber aufgefordert, einen klaren Orientierungsrahmen anzubieten, der sie zwischen Risiko und Gefahr unterscheiden lehrt. Dies ist für Eltern häufig ein anstrengender Weg, da es bedeutet, sich mit den eigenen Ängsten auseinanderzusetzen.
Risiko beinhaltet auch Fehlschläge und Scheitern. Generell bemängelt Koller, dass unsere Gesellschaft vorwiegend auf Erfolg ausgerichtet ist. Wesentliche Lernschritte können allerdings nur im Scheitern gemacht werden.
Eine neue Landkarte zeichnen
Für die Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten unserer Kinder sind Erfahrungen elementar. Lernen geschieht dann, wenn man gezwungen ist, eine neue Landkarte für einen alternativen Lösungsversuch zum Überwinden einer Herausforderung zu zeichnen. Koller verdeutlicht dies mit dem Bild einer Klaviertastatur: Je mehr Tasten (vielfältige Handlungsmuster) in unserer Lebensklaviatur vorhanden sind, umso eher kann in herausfordernden Situationen auf ein hilfreiches Verhaltensmuster zurückgegriffen werden. Zitat Rudi Anschober: “Vielfalt ist die beste Vorbeugung von Einfalt.”
Am Ende verdeutlicht Koller seine Ausführungen mit dem Bild vom sicheren Hafen und dem offenen Meer. Eltern müssen Kindern einen sicheren Ausgangshafen bieten. Und sie sollen als Leuchtturm für die Entdeckungsreisen ihrer Kinder an der Küste stehen. Das Licht des Leuchtturms strahlt aufs offene Meer aus und dient den Kindern als Orientierung auf den ersten Seemeilen in ihr Leben. Wenn im Hafen Vielfalt gelehrt wurde, dann können die Kinder im Leben besser bestehen.
Maria Zamut