„Leg dich jetzt hin, kuschle dich her und ruh dich endlich aus!“, bekommt mein Sohn in genervtem Tonfall zu hören, als er beim dritten Mittagsschlafversuch im Bett herumturnt, obwohl er schon entsprechend lange wach ist.

Betrachten wir diese Situation durch die Brille der gewaltfreien Kommunikation (GFK). War da etwa Gewalt im Spiel? Ich habe mein Kind doch weder beschimpft, noch es körperlich verletzt. Die GFK stellt vielmehr eine Haltung dar, durch die wir Verbundenheit mit unserem Gegenüber schaffen möchten. Am Beginn steht dabei eine nährende, liebevolle Beziehung zu mir selbst.
Mein Sohn und ich waren also in diesem Moment nicht verbunden. Wie hätte ich in Verbindung zu ihm kommen können? Die GFK beschreibt vier Schritte:

1) Beobachte wertfrei, was da ist. Meist sind wir wütend oder verletzt aufgrund der Gedanken und Urteile, die wir über etwas haben.

Objektiv betrachtet war in unserem Beispiel ein Kind, das zur Mittagszeit turnen wollte. Meine Wut nährte sich aus Gedanken wie „Jetzt kann ich nicht in Ruhe lesen.“ Oder: „Und am Nachmittag wird er dann müde und grantig sein.“

2) Welche Gefühle löst diese Beobachtung aus? Indem sie beobachtet und anerkannt werden, weisen Gefühle auf unsere Bedürfnisse hin. Achtung bei Pseudogefühlen: In manche vermeintlichen Gefühle hat sich eigentlich schon eine Bewertung gemischt.

So ist „sich hintergangen fühlen“ kein Gefühl, sondern eine Interpretation. Das Gefühl dazu könnte Trauer, Enttäuschung oder Wut sein. Jemand anderer kann niemals der Grund für meine Gefühle sein, nur ihr Auslöser.

3) Welche Bedürfnisse stehen dahinter? In jedem Menschen sind Bedürfnisse lebendig, sie zu erfüllen, ist ein wichtiges Ziel unseres Tuns. Unsere Strategien dafür können sich in die Quere kommen. Während ich ein Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung hatte, spürte mein Kind ein Bedürfnis nach Bewegung und Selbstbestimmung. Auch wenn eine Lösung angestrebt wird, die allen Bedürfnissen gerecht wird, findet nicht ein jedes Erfüllung. Aber gesehen und anerkannt werden kann es, das allein erleichtert.

Vielleicht ist auch eine andere Strategie möglich. So half mir der Gedanke, dass mein Sohn ohne Mittagsschlaf am Abend früher im Bett sein würde und ich wusste, meine Ruhezeit ist nur aufgeschoben.

4) Worum möchtest du bitten? Jede Person trägt gerne zur Bedürfniserfüllung einer anderen bei, wenn sie das frei entscheiden kann und dies nicht im Gegensatz zu dringenden eigenen Bedürfnissen steht. Ich kann darum bitten, dass mein Gegenüber mein Leben schöner macht. Formulieren wir stattdessen aber eine Forderung, lässt das nur zwei Reaktionen zu: Unterwerfung oder Rebellion. Mit den vorherigen Schritten verbinde ich mich mit dem Erleben meines Kindes, zeige mich mit meinem Bedürfnis und spreche eine konkrete, umsetzbare Bitte aus. Dennoch bin ich selbst für die Erfüllung meiner Bedürfnisse verantwortlich.

Nicht mein Sohn ist „schuld“, wenn ich gefühlt zu wenig Zeit für mich alleine habe – es obliegt mir selbst, mir Oasen zu schaffen. Gut genährt kann ich mich dann auch besser mit seinem Erleben und unser beider Bedürfnisse verbinden.

Hanna Brodersen, selbst Mutter, beschreibt in ihrem Buch „Dich durch mein Herz sehen“ die GFK speziell für Eltern. Sie schildert Beispiele aus dem Familienalltag und zeigt daran konkret, wie verbindende Kommunikation besser gelingen kann. Die Leserin und der Leser sind eingeladen, eigene Gedankenmuster und Gewohnheiten zu hinterfragen und gewaltfreie Alternativen zu überlegen.

Für mehr Freude im Leben mit Kindern!
Katharina Maderthaner, MSc (Counseling)
katharina.maderthaner@gmx.net