“Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.” Das war Tanja Kraskas erster Gedanke, als sie an jenem Morgen vom Einmarsch Russlands in die Ukraine gehört hatte. Es folgte eine Schockstarre und der Wunsch, zu helfen. Kurze Zeit später zog eine ukrainische Familie bei ihr zu Hause ein. Ein Leben zwischen Sprachbarrieren, Tränen – und Hoffnung auf baldigen Frieden.
Einige Zeit hab ich gehofft, dass der Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine einfach nur ein schlechter Scherz ist. Dass so etwas nicht möglich sein kann. Doch schnell stellte sich heraus: Es ist ernst, sogar sehr ernst. Bomben, zerstörte Häuser, Verletzte und viele Flüchtende.
Einige Tage war ich wie in Schockstarre. Ich kenne persönlich keine Ukrainer*innen und trotzdem machten mich die Bilder in den Nachrichten und den sozialen Medien sprachlos. Wie gelähmt und ziemlich hilflos kam ich mir vor. Bis wir uns entschieden haben, aktiv helfen zu wollen.
Ziemlich schnell haben wir eine Facebook-Seite (Ukrainehilfe Leonding) entdeckt, die bereits fleißig Hilfsgüter aller Art sammelten. Auch einen Aufruf, ob jemand Platz für Geflohene hätte, fand ich. Tja, bereits zwei Tage später kam der Anruf vom Gert, der direkt an der ukrainischen Grenze stand. Er hätte eine kleine Familie mit 3 Personen. Genaueres konnte er uns nicht sagen, aber eine Stunde später kam die SMS mit dem Inhalt, sie seien nun unterwegs in Richtung Alkoven.
Gott sei Dank hatten wir viel vorzubereiten, denn zu viel darüber nachdenken durfte ich nicht, welche Aufgabe wir da tatsächlich übernommen hatten. Komplett ungewiss, was uns erwarten wird, haben wir abends dann gewartet, bis unsere ukrainischen Gäste ankommen.
Um ca. 21 Uhr war es dann soweit. Aus dem Auto stiegen drei Personen, die komplett erschöpft und ratlos waren. Die erste Überraschung war für uns die sprachliche Barriere. Unsere Gäste sprechen nur Ukrainisch und Russisch. Okay, nach einigem Hin und Her war klar, mit Hilfe einer Übersetzungs-App werden wir schon irgendwie zurechtkommen. Der einzige Wunsch unserer Gäste war fürs erste Mal eine Dusche und ein Bett zum Schlafen. Das war einfach und leicht zu erfüllen.
Dankbarkeit und ungewisse Zukunft
Gott sei Dank ist die Hilfsbereitschaft riesig und so hatten wir gleich am nächsten Morgen ein Online-Meeting mit einer ukrainisch-sprachigen Bekannten aus Wien. Sie konnte die ersten Unklarheiten aus dem Weg räumen und ein bisschen Sicherheit geben.
Nachdem wir das Nötigste an Kleidung und Hygieneartikel gekauft hatten kamen wir nach Hause und es fühlte sich alles irgendwie fremd an. Sind wir ja nun nicht mehr nur als kleine Familie im Haus, sondern haben jetzt Gäste auf ungewisse Zeit.
Neben viel Dankbarkeit haben wir uns so auch viele Sorgen ins Haus geholt. Denn eines ist klar: Unsere Gäste haben viel daheim zurückgelassen. Familie, FreundInnen, den kleinen Hund Baks und eigentlich alles, was sie je besessen haben. Und niemand weiß, was als Nächstes passieren wird.
Tränen und Deutsch lernen
Drei Tage lang war die Stimmung sehr gedrückt. Alina, die geflohene Mama, hat viel geweint. Ist sie doch alleine mit dem Sohn (15 Jahre) und dessen Freundin in einem Land, in dem sie niemanden kennt und kein Wort versteht. Unvorstellbar, wie sie sich fühlen muss.
Mittlerweile hat sich die Stimmung gebessert. Das liegt vor allem daran, dass Alina – eine bemerkenswert starke Frau – beschlossen hat, nach vorne zu schauen und nicht mehr nur zu weinen. Gemeinsam lernen die Drei mittlerweile fast den ganzen Tag Deutsch und abends versuchen wir ihnen mit der Aussprache und Übungsblättern zu helfen. Wir hoffen und beten täglich, dass sich die Situation in der Ukraine entspannt und ihren Familien nichts passiert.
Viele haben uns gesagt, dass wir mutig oder wahre Helden seien. Ganz ehrlich, es fühlt sich nicht so an. Wir leisten doch nur einen winzigen Beitrag und oft denke ich, da muss doch noch mehr gehen. Und so kommt es, dass wir mittlerweile versuchen, ein Netzwerk an DolmetscherInnen aufzubauen und zu überlegen, wie wir den Geflohenen in unserer Umgebung helfen können.
So kannst du helfen!
Hier also mein Aufruf: Solltest du Ukrainisch (oder auch Russisch) sprechen und helfen wollen, dann melde dich gerne unter info@gruenschnabel.at Willst du jemanden aufnehmen, um den Geflohenen ein wenig Hoffnung zu schenken, melde dich unter nachbarschaftshilfe@ooe.gv.at oder schau unter http://bbu.gv.at/ukraine vorbei.
Für Sachspenden oder wenn du über etwas Zeit zum Helfen verfügst, dann hör dich doch einfach in deiner Umgebung um. Es gibt mittlerweile sehr viele Initiativen. Für Geldspenden kann ich dir alle offiziellen Einrichtungen wie die Volkshilfe, das Rote Kreuz, Nachbar in Not usw. empfehlen.
Die Initiative „Support Ukraine NOW Upper Austria“ hat innerhalb kürzester Zeit ein Netzwerk aufgebaut und im ehemaligen „Betten Reiter“ beim Linzer Volksgarten eine Sammelstelle sowie ein Café für Geflohenen eingerichtet. Info unter www.suunow-ua.com
Tanja Kraska