Beispiel 1:
Raphael Fellmer lebt seit zwei Jahren aus Überzeugung ohne Geld.
Der Familienvater aus Berlin kauft nichts ein, er bezahlt nichts, er verdient nichts.
Dabei leben er, seine Frau Nieve und seine Tochter Alma ganz komfortabel: In einer Wohnung mit Telefon und ganz normaler Einrichtung. Die Krankenversicherung für die Familie wird mit dem Kindergeld bezahlt. Die kleine Souterrainwohnung wird gegen Mithilfe in Haus und Garten gratis zur Verfügung gestellt.
Biolebensmittel aus dem Container
Auf den Tisch kommen nur Biolebensmittel. Die holt Fellmer dreimal wöchentlich aus dem Müllcontainer eines Biosupermarktes.
Die meisten der „geretteten“ Lebensmittel sind dicht verpackt und noch lange haltbar. Nudeln, Zucker oder Kürbiskerne im Sackerl sind einwandfrei noch zu gebrauchen. Obst und Gemüse wird gut gesäubert und die schlechten Stellen weggeschnitten. Kühlschrank und Regale der Fellmers sind prall gefüllt.
Leben gegen den Überfluss
Raphael Fellmer ist ein kluger, junger Mann, der sich bewusst für dieses Leben entschieden hat. Er hat in Holland studiert und könnte jederzeit in einem gutbezahlten Job arbeiten. Doch er sieht den großen Überfluss in unserer Gesellschaft und möchte gegen die Verschwendung von Energie und Ressourcen ein Zeichen setzen. Deshalb verwendet er gebrauchte Servietten als Toilettenpapier und sammelt Spülwasser für die Toilette. Sein Fortbewegungsmittel ist das Fahrrad: kostenlos und umweltfreundlich. Als er in den Kleinanzeigen eine gebrauchte Waschmaschine fand, konnte er die nicht mit Geld bezahlen, aber mit seiner Mithilfe beim Umzug des Verkäufers. „Damit war allen geholfen“, erklärt der 28-Jährige.
Tauschen und glücklich sein
Vieles im Alltag der Kleinfamilie regelt sich durch Tausch: „Tausch ist meine Währung. Es gibt unglaublich viele Leute, die ihr Herz öffnen und die bereit sind, etwas zu geben. In unserer materiellen Welt glauben wir immer, alles mit Geld regeln zu müssen, dabei kann man vieles auch auf einer anderen Ebene erreichen. Liebe, Glück und Gesundheit sind Sachen, die man nicht kaufen kann“, zieht Fellmer sein Resümeé.
Auf seiner Website engagiert sich der Lebenskünstler für einen besseren Umgang mit Ressourcen und berichtet über seine Reise nach Mexiko ohne Geld.
Beispiel 2:
Vom Millionär zum Microkreditgeber
Nicht ganz ohne Geld, aber mit viel weniger Geld als vorher lebt Karl Rabeder aus Leonding. Der heute 50-jährige wurde mit einer Kunsthandwerksfirma sehr reich. Doch als ihm bewusst wurde, dass es vor dem Faktor Geld noch viel wichtigere Werte gibt, die einen glücklich machen, verkaufte er alles und begann ein neues Leben.
Heute engagiert sich der studierte Lehrer für ein Mikrokreditprojekt in der Dritten Welt, das er mit dem Erlös seiner verkauften Häuser finanziert. Wenn er nicht unterwegs ist, lebt er in einer 19m²-Hütte in Tirol.
1000 Euro müssen reichen
Für seinen Lebensunterhalt beschränkt sich Rabeder mit 1000 Euro monatlich. „Ich habe mich noch nie so frei gefühlt wie jetzt. Da kann mir die Gesellschaft und die Werbung noch so oft das Gegenteil einreden. Ich habe 1000 Euro, damit habe ich alle Freiheiten. Was ich mache, liegt irgendwo zwischen einem Beruf und Dankbarkeit. Dafür, dass es mir in meinen ersten 47 Lebensjahren finanziell so gut gegangen ist, dass ich jetzt Leuten helfen kann, denen es nicht so gut geht.“ erklärt Rabeder in einem OÖNachrichten-Interview.
Mit kleinen Krediten große Wirkung erzielen
Der Mann mit dem strahlenden Lächeln leistet mit seiner Organisation einfache, aber sehr wirkungsvolle Hilfe in Ländern Südamerikas oder Namibia. Da kann sich eine Gemüsehändlerin mit 150 Euro den Ankauf von mehr Ware leisten oder der Bauer in Nicaragua mit einem Kredit von 1200 Euro eine Ausbildung zum Agrarlehrer machen. Meist hängt an dem Einkommen gleich eine Großfamilie, so dass die Unterstützung in die Breite geht.
Mehr Infos über das Projekt mymicrocredit.org.
Karl Rabeder in einem TV-Interview
Beispiel 3:
Bewusstsein als neue Währung
Der 69-jährigen Heidemarie Schwermer steht ihre Lebensfreude ins Gesicht geschrieben: Ihre leuchtenden Augen verraten, dass sie es ernst meint mit ihrer Überzeugung vom neuen Lebensglück. Seit 16 Jahren lebt die Deutsche ohne Geld.
„Es macht anderen Menschen Mut, wenn sie hören, dass jemand ohne Geld lebt und nicht in der Gosse landet! Ich sage immer auf die Frage, ob ich ausgestiegen bin: Nein, ich bin umgestiegen. Ich begreife mich als Einsteigerin in eine neue Struktur.“ Heidemarie Schwermer hat schon früh erfahren, dass die Würde des Menschen in unserer Gesellschaft stark von materiellen Werten geprägt ist.
Ohne Geld keine Menschenwürde
Heidemarie Schwemmer wurde im Krieg als Flüchtlingskind geboren. Sie galt mit ihrer Familie, die alles verloren hatte, als „Lumpenpack“. Später sah sie in den Städten Arbeitslosigkeit und soziale Armut. Das fand sie ungerecht und das bewegt sie noch heute. Sie gründete einen Tauschkreis und plädiert für eine Vielfalt der Lebensformen. Seine Gaben und Kenntnisse mit anderen tauschen und dafür nehmen, was man braucht, so sieht die Welt der ehemaligen Psychotherapeutin aus.
Mitmachen nicht schwer
Sie verteilt Gib-und-Nimm-Aufkleber, mit denen man anderen Menschen signalisieren kann, dass man offen für Kontakte ist – sei es, um sich mit kleinen Diensten behilflich zu sein, etwas abzugeben oder sein Herz füreinander zu öffnen. Schwermers Besitz passt in einen kleinen Koffer. Sie wohnt in Wohnungen und Häusern von Freunden, die sie einladen oder denen sie kleine Dienste erweist. Ihre Pension verschenkt sie an Menschen, die das Geld dringender brauchen als sie.
Auf ihrer Website lädt sie ein, ihr bei ihrem Projekt zu folgen.