Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) kann im Umgang mit Kindern sehr hilfreich sein. Und schon mit den ganz Kleinen kann man gut erörtern, ob in einer Gesprächssituation der Wolf (verletzend, bewertend) oder die Giraffe (großes Herz, der lange Hals schafft Distanz zur Situation) das Kommando übernommen hat. 

„Mama, du bist so blöd! Nur wegen dir ist jetzt meine Kugelbahn eingestürzt!“, empört sich mein Sohn und weint. Oder ich fühle mich morgens unter Zeitdruck termingerecht außer Haus zu kommen und kommentiere das gemächliche Tempo meiner Kinder mit einem genervten: „Es ist doch egal, ob du den roten oder den blauen Pulli anziehst!“ Wenn wir Wut oder Enttäuschung erleben, wenn wir unter Anspannung stehen, kommen uns schnell vorwurfsvolle Sätze oder herabwürdigende Bemerkungen über die Lippen.

Der „Wolf“ und die „Giraffe“ in uns

Im Kontext der Gewaltfreien Kommunikation würden wir dann vom „Wolf“ sprechen: Als Symboltier steht er für eine verletzende, bewertende Sprache, die Trennung schafft. Der Anteil in uns, für den der Wolf steht, ist davon motiviert, Recht zu haben, das Gegenüber für etwas zu bestrafen nach dem Motto: „Wer Fehler macht, muss leiden.“ Er speist sich aus alten Verletzungen und empfundenem Unrecht.

Die „Giraffe“ steht dem „Wolf“ gegenüber. Sie ist das Landtier mit dem größten Herzen, durch ihren langen Hals hat sie die Möglichkeit, Dinge aus einer gewissen Distanz zu betrachten. Das Symboltier der Giraffe möchte daran erinnern, Gefühle und Bedürfnisse hinter den Worten zu hören. Nicht gleich an Bewertungen zu glauben, sondern dahinter zu schauen und Beweggründe zu verstehen. Ebenso ist sie bemüht, mit den eigenen Bedürfnissen und Empfindungen im Kontakt zu sein und das Eigene authentisch auszudrücken.

Das Anliegen der Gewaltfreien Kommunikation (GFK)

Die GFK stellt eine Haltung dar, mit der wir Verbundenheit mit unserem Gegenüber schaffen möchten. Am Beginn steht dabei eine nährende, liebevolle Beziehung zu mir selbst. Folgende Schritte helfen uns, Verbindung durch unsere Kommunikation herzustellen:

1) Beobachte wertfrei, was da ist. Meist sind wir wütend oder verletzt aufgrund der Gedanken und Urteile, die wir über etwas haben. Unsere eigene Bewertung der Umstände ruft Emotionen hervor, nicht allein die Situation selbst.

2) Welche Gefühle löst diese Beobachtung aus? Indem sie beobachtet und anerkannt werden, weisen Gefühle auf unsere Bedürfnisse hin. Achtung bei Pseudogefühlen: In manche vermeintlichen Gefühle hat sich eigentlich schon eine Bewertung gemischt. So ist „sich hintergangen fühlen“ kein Gefühl, sondern eine Interpretation. Das Gefühl dazu könnte Trauer, Enttäuschung oder Wut sein.

3) Welche Bedürfnisse stehen dahinter? In jedem Menschen sind Bedürfnisse lebendig, sie zu erfüllen ist ein wichtiges Ziel unseres Tuns. Unsere Strategien dafür können sich in die Quere kommen. Auch wenn nicht jedes Bedürfnis zu jeder Zeit Erfüllung finden kann – gesehen und anerkannt werden kann es, das allein erleichtert. Vielleicht fallen mir auch alternative Strategien ein, wie ich mein Bedürfnis erfüllen kann.

4) Worum möchtest du bitten? Jede Person trägt gerne zur Bedürfniserfüllung einer anderen bei, wenn sie das frei entscheiden kann und dies nicht im Gegensatz zu dringenden eigenen Bedürfnissen steht. Ich kann darum bitten, dass mein Gegenüber mein Leben schöner macht. Formulieren wir stattdessen aber eine Forderung, lässt das nur zwei Reaktionen zu: Unterwerfung oder Rebellion.

GFK kindgerecht

Unsere Kinder können wir von Anfang an dahin begleiten, dass sie ihre Gefühle und Bedürfnisse gut wahrnehmen lernen, indem wir sie ansprechen und benennen: „Da ist jetzt eine Enttäuschung, dass die Kugelbahn kaputt geworden ist. Du hast so lange dran gebaut.“. Wir können ihnen vorleben, wie wir selbst mit starken Gefühlen konstruktiv umgehen. Indem wir versuchen, nicht das Gegenüber zu verletzen und zu beschuldigen, sondern Verantwortung für das eigene Wohlergehen zu übernehmen.

Kinder sind empfänglich für die Symboltiere Wolf und Giraffe. Sie können es gut nachvollziehen und annehmen, wenn wir ihnen unser Erleben erklären. Etwa, dass ich jetzt in meinem Ärger verletzend war, dass ich soeben wie ein „Wolf“ gehandelt habe. Ich entschuldige mich nach einem verletzenden Verhalten und stelle klar, dass das gar nichts mit dem Kind selbst zu tun hatte, sondern ich wegen eines Termins angespannt war, beispielsweise, und deshalb sein Verhalten jetzt nicht gut nehmen konnte. Und wie man mit Fehltritten umgeht, erleben meine Kinder dadurch ganz nebenbei.

Für mehr Freude im Leben mit Kindern!

Katharina Maderthaner, MSc (Counseling)

katharina.maderthaner@gmx.net