Eine allein erziehende Mutter aus dem ländlichen Raum beschreibt ihre Unsicherheit angesichts der wackelnden Gratis-Nachmittagsbetreuung ihres Sohnes im Kindergarten und die eigentümliche Mathematik angesichts der Gebühren.
Die Einführung der Gebühren für den nachmittäglichen Kindergarten in Oberösterreich hat wohl so manches Betreuungskonstrukt ins Wanken gebracht. Noch gibt es zwar keine genauen Zahlen über Abmeldungen und Gruppenschließungen, aber ich bin sicher nicht die einzige, der die Phase der Unsicherheit noch ein paar graue Haare mehr beschert hat.
In der kleinen Landgemeinde, in der ich lebe, ist es jedes Jahr so schon eine Zitterpartie, ob es einen Nachmittagskindergarten gibt. Bange warte ich auf die Ergebnisse der Bedarfserhebung. Letztes Jahr war zumindest ein Nachmittag gesichert. Bis zu jenem möglicherweise gut gemeinten Beschluss, es nun etwas kosten zu lassen. Ein Zahlungsmodell für einen Nachmittag gibt es nicht. Also müsste man so viel zahlen wie für zwei (und somit die Hälfte eines Fünftagemodells). Mathematik ist im Kindergarten anscheinend noch kein Thema.
Eine Abmeldung gibt den Ausschlag
Wo um alles in der Welt zahlt man für zwei Sachen, wenn man nur eine bekommt? Aber egal. Ich hätte alles gezahlt, nur damit mir das bisschen Spielraum zum Arbeiten bleibt! Nur leider gibt es einige Eltern, die für einen Nachmittag nicht 55 Euro (den Maximalbetrag, bei einem Familiennettoeinkommen von 3700 Euro) zahlen wollen, wenn es nicht notwendig ist. Verständlich. Also war klar: In dem Moment, in dem die Gebühren bekannt werden, gibt es Abmeldungen. Und eine Abmeldung hätte gereicht, um die Mindestkinderanzahl nicht mehr zu erfüllen…
Warum hat das niemand bedacht? Mit den Gebühren erreicht man zumindest in den Landgemeinden mit wenig Kindern, dass die Mütter und Väter, die den Kindergarten brauchen, kein Angebot mehr haben. Und dass es nur noch Teilzeitstellen für KindergärtnerInnen gibt. Dass der Sinn und Zweck der Gebühren die Finanzierung des Ausbaus der Kinderbetreuung sein soll, ist in meinen Ohren nur Hohn. Auch die Evaluierung der Kosteneinführung im Sommer ist mir rätselhaft. Bis dahin hat sich ja jede/r Betroffene mit der Situation arrangiert, vergeblich eine Tagesmutter gesucht, die Oma reaktiviert, Stunden reduziert, Nachbarschaftshilfe reanimiert oder ist die Landflucht angetreten.
Für die Gemeinden bzw. deren VertreterInnen bedeutete die Einführung der Gebühren auch große Unruhe, zusätzliche Sitzungen, bürokratischen Mehraufwand und vermutlich ebenfalls ein paar graue Haare mehr. Inwieweit der Vorschlag, Kooperationen zwischen den Gemeinden zu bilden, umsetzbar ist, muss sich erst zeigen. Die Stadt Linz geht einen eigenen Weg und hat die Gebühren reduziert. Dementsprechend halten sich die Abmeldungen in Grenzen. In Steyr und Wels hingegen wurde die Hälfte bzw. ein Drittel der Kinder abgemeldet. Eine Reihe von (roten) Gemeinden haben eine Resolution formuliert, in der sie fordern, den ganztägig beitragsfreien Kindergarten wieder einzuführen.
In meinem persönlichen Fall gab es übrigens eine typisch österreichische Lösung: Es ändert sich erst mal gar nichts. Der Kindergarten hört einfach in Zukunft um 13 Uhr auf. Die Nachmittagsbetreuung läuft unter einem anderen Titel und wird zumindest bis zum Sommer weiter angeboten. Aber ich zittere schon, was das nächste Kindergartenjahr bringt.
Eva Großmann