Wolfgang Nell schreibt in seinem Papa-Blog über das Gefühl, sich als Mann einsam und als Fremdkörper in Spielgruppen zu fühlen und wie es ist, mit Müttern Grießnockerlrezepte auszutauschen.
Die meisten Männer gehen nicht in Karenz, waren nie in Karenz und werden auch niemals in Karenz gehen. Das ist kein Vorwurf, sondern eine gesellschaftspolitische Einladung an alle Väter und Mütter, gemeinsam alle nötigen ökonomischen, politischen und partnerschaftlichen Rahmenbedingungen für Väter-Karenz zu entwickeln.
Ich habe zwei ehemalige Karenzväter gefragt, was ihnen spontan als größte Herausforderung in der Zeit mit ihren Kindern einfällt. Ein Vater nannte die Anwesenheit bei diversen Spielgruppen, Veranstaltungen und Kindergeburtstagen: Das wären oft einsame Akte väterlicher Liebe unter vielen Müttern gewesen. Da mein zweiter Gesprächspartner bei dieser Aussage geistesabwesend immer stärker zu nicken beginnt, stimme ich diesem klagenden Gesang unisono zu. In den Spielgruppen war ich selbst auch immer der einzige anwesende Mann. Da gibt es die Kinder-Lieder von Detlev Jöcker,… obwohl ich dann doch als liebender Vater die CD mit „1,2,3…im Sauseschritt“ für den Hausgebrauch erworben habe.
Einige Mütter haben in einer dieser Spielgruppen über ein Rezept für Grießnockerl diskutiert. Allerlei Variationen der Nockerl dürften leider immer hart geworden sein. Ich habe mich in die Diskussion eingeschaltet: 30 g Butter – 80 g Grieß – 1 Ei; durchmischen – rasten lassen – Nockerl formen – 12 min im gesalzenen und siedenden Wasser ziehen lassen – vom Herd wegstellen – nochmals 15 min ziehen lassen. „Bist du Koch?“, wurde ich gefragt. Ich: „Nein, ich bin in Väterkarenz.“
Sie haben keine weiteren Fragen gestellt. Irgendwie fühlte ich mich in dieser Runde als Fremdkörper. Da haben mir die beiden Freunde zugestimmt: Man(n) wird bei der Anmeldung herzlichst willkommen geheißen: „Oh, endlich wieder einmal ein Vater!“ Man(n) fühlt sich geehrt und willkommen, dann sitzt man(n) oftmals mit seinem Kind bei der Jause alleine auf der Bank.
Warum bin ich anfangs allein auf der Bank gesessen? Weil ich mich immer mit meinen Buben dorthin gesetzt habe. Weil ich mich immer fremd in diesen Runden gefühlt habe und weil ich immer gesehen habe, wie diese wunderbaren Jausenboxen mit allen möglichen Früchten und Reiswaffel-Variationen aus den Taschen gezaubert worden sind. Stets war ein Taschentuch zur Hand, wenn Rotz aus Kindernasen lief.
Ich selbst lief zur Toilette um ein paar Blätter Klopapier. Bei den Kreistänzen habe ich immer sehr verhalten getanzt. Wenn mein Kind getobt hat und keine Beruhigung eingetreten ist, dann habe ich mich geschämt. Die Kinder der Mütter haben auch getobt und konnten mitunter auch nicht beruhigt werden. Trotzdem waren sie nicht diesem öffentlichen Interesse ausgesetzt.
Eigentlich waren die Frauen immer nett zu mir. Sie haben uns immer wieder Früchte angeboten. Beim dritten Kind wurde ich schon selbstsicherer. Es war mein Job: Ich war Karenzpapa. Ich war eine Ausnahme und weil ich mich so gefühlt hatte, habe ich mich selbst immer wieder aus der Gruppe herausgenommen.
Heute würde ich in diese Gruppen hineingehen, sofort eine Menge Spaß haben und erkennen, dass alle – Mütter wie Väter – nervös werden, wenn die Kleinen zu brüllen beginnen. Heute würde ich unsere Butterbrote mit den anderen Eltern und Kindern teilen.
Ich habe mit meinen Freunden darüber gesprochen, warum wir uns so schwerfällig in diesen Kreisen bewegen. Natürlich gibt es diese Vatertalente fröhlicher Natur, die völlig entpsannt sind in der Gesellschaft von Müttern und Kindern. Unser Fazit: Zumindest wir haben keine Vorbilder gehabt. Unsere Väter wären mit uns niemals zu einer wöchentlichen Spielgruppe aufgebrochen. Unsere Kinder haben diese Erfahrung gemacht – sie waren mit ihren Vätern in einer Spielgruppe.
Übrigens, meine Grießnockerl werden immer flauschig und weich.
Wolfgang Nell (45), akademischer Entwickler Sozialer Verantwortung, schreibt diesen Blog als Vater von drei Buben. Er kümmert sich zurzeit hauptsächlich um die Kinder im Alter von 2, 5 und 8 Jahren, während seine Frau Vollzeit als Ärztin arbeitet. Für Grünschnabel reflektiert er regelmäßig Erlebnisse aus seiner Familienwelt mit dem Lauf der „großen“ Welt, mit politischen und alltäglichen Geschehnissen.