Christoph Mülleder, früherer Leiter der Caritas Auslandshilfe, hat seine Leidenschaft Reisen zum Beruf gemacht. Ob er nun mit seiner Familie unterwegs ist oder als Reiseleiter bei seinem Reiseveranstalter WELTANSCHAUEN – sozial und ökologisch verträgliches Reisen hat für ihn Priorität.
Du bist Gründer und Geschäftsführer des Reiseveranstalters WELTANSCHAUEN. Was hat dich bewogen, dich mit dieser Idee selbstständig zu machen?
Christoph Mülleder: “Die Lust am Reisen habe ich schon in die Wiege gelegt bekommen. Seit ich 18 oder 19 bin habe ich immer wieder zuerst für FreundInnen und dann für Studierendengruppen, später auch für die Caritas besondere Reisen organisiert, mit denen ich anderen eine große Freude bereitet habe. Das haben die super Rückmeldungen gezeigt.”
Was unterscheidet Reisen von WELTANSCHAUEN von denen anderer Anbieter?
Christoph Mülleder: “Die TeilnehmerInnen sollen durch die Reise ein anderes und vielschichtiges Bild des bereisten Landes erhalten. Denn wie wir alle wissen: Reisen bildet. Wir zeigen den Reisenden die Schönheiten und Ressourcen des Landes und vermitteln, dass selbst in ‘armen’ Regionen ungeheure Schätze schlummern – Menschen, die unter schwierigsten Bedingungen Ungeheures leisten, Naturjuwelen, die es zu erhalten gilt, beeindruckende und fremde Traditionen und Bräuche, Kulturschätze….”
- Das soziale Gefüge im bereisten Land sehen, die Zusammenhänge verstehen, warum Menschen arm sind bzw. werden. Es geht auch darum aufzuzeigen was jede/r Einzelne tun kann, um zu einer sozial und ökologisch gerechteren Welt beizutragen.
- Das Bewusstsein schärfen für global faires und ökologisches Handeln, BotschafterInnen für unsere EINE Welt zu „bilden“, die solidarisches Handeln auch in ihren jeweiligen Lebens- und Arbeitsbereichen leben und umsetzen.
- Einblicke ermöglichen in die Lebenswelten “ganz normaler Menschen” und in ihre oft sehr schwierigen Lebensbedingungen, auch ein Gegenbild zu zeichnen zum „faulen, kriminellen Ausländer, der nur etwas von unserem Reichtum haben will“.
- Eintauchen in eine fremde Wirklichkeit, sich begeistern / beglücken / verzaubern lassen von der Vielfalt / Andersartigkeit / Einfachheit /Schönheit des fremden Landes und der fremden Kultur.
- Mit diesem Projekt einen Beitrag leisten zur Entwicklung des Reisemarktes hin zu mehr Nachhaltigkeit.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich in Bezug auf Reisen?
Christoph Mülleder: “Nachhaltig reisen bedeutet einfach reisen. Wo immer möglich, reise ich – sowohl privat als auch beruflich – ökologisch und sozial verträglich. Für An- und Rückreise wählen wir nach Möglichkeit den Zug, damit wir keinen zu großen Fußabdruck hinterlassen und auch die Seele Zeit zum Ankommen hat. Das heißt auch: lokale Unterkünfte statt internationale Ketten, regionales Slow Food statt internationales Fast Food, Gehen statt Fahren, bio und fair statt Chemie und Ausbeutung.”
Reisen mit Kindern ist für viele Familien ein nicht ganz einfaches Thema. Wie schafft man es, die eigenen Interessen mit den Bedürfnissen von Kindern zu vereinbaren?
Christoph Mülleder: “Indem man sich ausmacht, was für jede/n in der Familie passt und dass für jede/n etwas dabei ist. Das beginnt bei der gemeinsamen Wahl des Urlaubsziels und der Aktivitäten. Reisezeit ist wertvollste Familienzeit. Da unternimmt man etwas gemeinsam, da erlebt man Neues und manchmal Abenteuerliches. Das schweißt zusammen. Zuhause hat ja jede/r seine/ihre Verpflichtungen und man verbringt relativ wenig Zeit wirklich miteinander. “
Du hast selbst zwei Töchter. Was war eure schönste gemeinsame Reise? Kannst du ein Ereignis schildern, das euch besonders lebhaft in Erinnerung geblieben ist?
Christoph Mülleder: “Wahrscheinlich war das unsere Marokko-Reise 2011. Die Mädels waren damals zehn und zwölf. Das war einfach insgesamt spannend, die fremde Kultur, die Wüste, das Gewurle auf den Straßen und am Basar, die vielen neuen Eindrücke. Das intensivste Erlebnis war sicher unser dreitägiges Kamel-Trekking in der Sahara mit Tuareg Nomaden. Das war übrigens eine der ganz wenigen Reisen, bei denen wir geflogen sind: Die Osterferien waren für die Schiffsanreise leider einfach zu kurz.
Aber auch über unsere Reise durch die Schluchten des Balkan nach Montenegro ließe sich viel erzählen – als wir bei der zehnstündigen Zugfahrt in der sommerlichen Hitze die Gastfreundschaft eines serbischen Ehepaares erleben durften, das alles mit uns geteilt hat. Wir hatten viel zu wenig Proviant mit, weil wir dem Fahrplan vertraut hatten, der einen Speisewagen angekündigt hatte, der dann an diesem Tag eben nicht da war.”
Interview: Kirsten Commenda