Die Enkeltochter ist halb Chilenin, der Enkelsohn stammt aus Laos. Oma Christine aus Ried im Innkreis erzählt im Interview, wie buddhistische Gelassenheit und südamerikanisches Temperament ihr Familienleben bereichern.
„Unser Familienleben ist nicht anders als in rein österreichischen Familien“, meint Christine im Gespräch mit Grünschnabel, das sie nach dem Mittagessen mit der Schwiegermutter ihrer Tochter aus Chile führt. Diese spricht zwar kein Deutsch und Christine kein Spanisch, dennoch ist die Verständigung kein Problem. „Mit ein wenig Englisch und Gesten geht es schon“, meint die 70-Jährige.
Ihre Tochter war schon in jungen Jahren viel in der Welt unterwegs, hat in Südamerika gearbeitet, studiert und ist viel gereist. „Als sie in Kolumbien in einem Hostel gejobbt hat, lernte sie einen Chilenen kennen, verliebte sich, sie heirateten und bekamen ein Kind“, erzählt Christine. Ihre Enkelin Aurelia ist heute knapp zwei Jahre alt und lebt nun mit ihren Eltern in Ried.
Auch ihr Sohn bereiste die Welt, um eine Familie zu gründen. Christines Sohn wollte mit seiner Frau ein Kind adoptieren. Da das Paar in Österreich mit über 40 als zu alt für eine Adoption galt, verlegte es seinen Lebensmittelpunkt nach Laos. „Sie lebten dort fünf Jahre, arbeiteten beide für österreichische Firmen in Tele-Working und nahmen den langen und nervenaufreibenden Prozess der Adoption eines laotischen Kindes auf sich“, erzählt Christine. Sie bekamen schließlich Enu im Alter von einer Woche anvertraut und adoptierten den Buben. Heute ist Enu drei Jahre alt und lebt ebenfalls mit seinen Eltern in Österreich.
Obwohl er sein Herkunftsland und seine Kultur nicht wirklich kennen gelernt hat, strahlt er eine große Ruhe und Besonnenheit aus, beobachtet Christine immer wieder. Seine „buddhistische Gelassenheit“ steht ganz im Gegensatz zum Wesen ihrer Enkelin mit den südamerikanischen Genen: „Sie ist sehr temperamentvoll, singt und tanzt gerne, liebt Musik, ganz wie auch ihr Vater.“
„Es kommt auf den Menschen an, nicht auf die Herkunft“, findet Christine. Und darauf, wie man einem Menschen entgegentritt. Die Weltoffenheit wurde ihr, die aus einer traditionellen bäuerlichen Familie kommt, sicher nicht in die Wiege gelegt. Dennoch fällt es ihr jetzt leicht, diese zu leben. „Ich bin so irrsinnig stolz auf meine Enkelkinder“, sagt die zweifache Oma. Und es kommt ihr nicht so sehr darauf an, wo jemand herkommt, sondern wie ein Mensch sich gibt.
„Wir sind eine ganz normale Familie. Ich kann es mir nicht anders vorstellen“, sagt Christine über ihre multi-kulturelle Familie. „Feste wie Weihnachten oder Ostern sind bei uns nicht anders als in anderen Familien auch – auch wenn bei uns halt mitunter Deutsch und Spanisch gesprochen wird.“
Maria Zamut