Kinder brauchen in der Schule den nötigen Freiraum, um die Welt zu verbessern, Selbstwirksamkeit zu erfahren, etwas zu bewegen. Bildungsinnovatorin Margret Rasfeld erzählte in einem Vortrag in Oberösterreich über die „Schule im Aufbruch“.
„Es geht darum, junge Menschen zu befähigen, zu empowern“, bringt es Margret Rasfeld auf den Punkt. Die Deutsche ist Schulleiterin der Evangelischen Schule Berlin Zentrum, Mitbegründerin der Initiative „Schule im Aufbruch“, Buchautorin und Bildungsinnovatorin und zu einem Vortrag in die Zukunftsakademie Spes in Schlierbach gekommen. Die Evangelische Schule Berlin Zentrum ist eine Gemeinschafts- und Ganztagesschule, in der die Kinder in Jahrgangsmischung lernen.
„Alle helfen sich, es gibt eine starke Kultur der Wertschätzung und der Partizipation“, erzählt Rasfeld. Jede Klasse hat zwei Klassenvorstände, sechs Lehrer bilden ein Team, das sich gegenseitig unterstützt. Der Lehrstoff ist zur Hälfte vorgegeben, zur Hälfte können die Kinder wählen. Von den 36 Unterrichtsstunden pro Woche sind zehn Stunden für das so genannte Lernbüro reserviert. Im Lernbüro lernt jede/r SchülerIn selbständig, in ihrem/seinen Tempo, in der jeweils individuell geeigneten Lernumgebung. „Dies ist ein recht freies System, denn jeder lernt anders, der eine am Flur, die andere leise oder wiederum mit Musik…“ Wenn ein Thema abgeschlossen ist, dann meldet sich ein Schüler zum Test.
Die Schüler bekommen ein Zertifikat, in dem festgehalten wird, was das Kind noch besser machen könnte. „Es gibt viele Kinder mit Lese-Rechtschreibschwäche und es hat sich herausgestellt, dass die Kinder selbst recht gut wissen, was ihnen helfen könnte. Das wird dann mit den LehrerInnen besprochen.”
Für Projekte und Forscherdrang bleibt in der Regelschule oft wenig Zeit. „Wir haben dafür jeden Donnerstag fünf Stunden reserviert.“ In dieser Zeit beschäftigen sich die Berliner SchülerInnen zum Beispiel mit Informationsarbeit über virtuelles Wasser oder wie eine Kläranlage funktioniert. Aber auch für Stille wie Yoga, Meditation oder Atemübungen wird Raum geschaffen an der Evangelischen Schule Berlin Mitte.
Zwei Mal die Woche gibt es Werkstätten wie etwa Theater, Kochen, Meditation, Tanzen, etc. Diese können von LehrerInnen oder SchülerInnen abgehalten werden. “Wir haben 330 SchülerInnen an unserer Schule, aber es gibt kein Mobbing”, erzählt Rasfeld. “Alle SchülerInnen kennen sich gegenseitig und sie haben keinen Druck. Am Ende jeder Woche gibt es eine Schulversammlung, die jeweils eine andere Klasse vorbereitet.” Dabei stehen auf der Tagesordnung beispielsweise das öffentliche Loben. Fixpunkte sind zudem „Speak your mind“. Es kann also Kritik geäußert sowie Projekte vor der ganzen Schule präsentiert werden.
Im Fach „Verantwortung“ sollen die SchülerInnen lernen, sich für das Allgemeinwohl einzusetzen. Dabei sucht sich jedes Kind eine entsprechende Tätigkeit oder ein Projekt. Manche Kinder arbeiten in Behindertenheime mit, informierten über Kinderarbeit in der Kakaoproduktion oder bieten PC-Kurse für Senioren an. Andere führen beispielsweise eine Plant-for-the-Planet Akademie des Umweltaktivisten Felix Finkbeiner durch.
In Österreich gibt es die „Schule im Aufbruch“ bereits seit 2014. Vor allem das niederösterreichische Mostviertel ist hier Vorreiter. 70 von 140 Schulen setzen hier bereits Ideen des Konzepts „Schule im Aufbruch“ um oder sind auf dem Weg dorthin.
Maria Zamut